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GRID / FRIPP

Leviathan

Dave Ball kennt man ja vor allem als eine Hälfte von SOFT CELL, wobei dessen kompositorischen Fähigkeiten vielleicht sogar maßgeblich für den Erfolg des eigenwilligen Synthpop-Duos verantwortlich waren. Ein Beleg dafür stellt auch sein hervorragendes Soloalbum „In Strict Tempo“ von 1983 dar. Nach seiner Zeit bei SOFT CELL gründete Ball in den Neunzigern dann zusammen mit Richard Norris (Mitglied von PSYCHIC TV in deren Acid-House-Phase) THE GRID, deren kommerziell erfolgreicher, dennoch etwas platter technoider Pop mich aber nie sonderlich angesprochen hatte. Zuletzt veröffentlichte Ball 2016 mit Jon Savage (nicht der Autor) das etwas enttäuschende Neo-Klassik-Ambient-Album „Photosynthesis“, das aufgrund des Einsatzes analoger Synthesizer-Klänge eine gewisse Verbindung zur aktuellen Kollaboration von THE GRID und KING CRIMSON-Gitarrist Robert Fripp aufweist. Denn auch hier steht der Analogsynthesizer Sequential Circuits Prophet-5 im Mittelpunkt, eine Neuauflage des 1978 von Dave Smith entworfenen Prophet 5, einem der ersten polyphonen Synthesizer, dessen Soundeinstellungen gespeichert werden konnten und den etwa KRAFTWERK während ihrer „Computer World“-Tour im Jahr 1981 einsetzten. Und so erklingen auf „Leviathan“ auch immer wieder diese wundervoll warmen Synthie-Klänge, die man von KRAFTWERK kennt, auch wenn das Album keinen klassischer Synthpop liefert, sondern überwiegend auf Beats verzichtende Ambient-Kompositionen enthält. Erst bei den letzten drei Tracks gibt es die für THE GRID typischeren technoiden Strukturen mit ihren deutlichen KRAFTWERK-Anleihen. Hinzu kommt natürlich die Gitarrenarbeit von Fripp, der im Bereich Ambient ja kein Anfänger ist und schon Anfang der Siebziger zusammen mit Brian Eno in dieser Hinsicht Pionierarbeit leistete. Übrigens nicht die erste Zusammenarbeit von Fripp und THE GRID, denn bereits auf deren Alben „Four Five Six“ und „Evolver“ von 1992 und 1994 sind dessen Gitarrensounds zu hören.