Anfang der Achtziger, ich bin 13, Schullandheimaufenthalt in Gerolstein in der Eifel. Im Keller ein Partyraum und eine Jukebox, die viele schrottige Singles enthält, aber auch „I love rock’n roll“ und „Crimson and clover“ von Joan Jett & The Blackhearts.
Und das waren unsere Hits. So richtig interessierte ich mich noch nicht für Musik, aber diese Frau in Schwarz und ihre simplen, zum Mitgrölen auch ohne Alkohol taugenden Songs waren gefährlicher Stoff, das spürte ich.
Ich wurde älter, andere Musik interessiert mich mehr, aber Joan Jetts Musik blieb erstklassiges Party-Material – und viele Jahre später wurde mir dann klar, dass die Frau nicht einfach irgendeine Pop-Sängerin war, sondern eine bewundernswerte Persönlichkeit, Jahrgang 1958, die sich ihren Platz im männerdominierten Rockgeschäft schon seit ihrer Zeit als Teenage-Fan von Suzi Quatro erkämpfen musste.
Und überdies ist Joan Jett, die in Europa lange Zeit erfolgreicher war als in den heimischen USA, auch noch sehr Punk-affin. Nicht nur, dass ihre Songs oft was von der durchschlagkräftigen Simpelheit der RAMONES haben, so war sie es auch, die einst das einzige Album der GERMS produzierte und die bis heute immer Bands aus dem Punk-Kontext produziert oder gar deren Platten auf ihrem bereits 1980 gegründeten Label Blackheart Records veröffentlicht, wie etwa in jüngster Zeit die CUTE LEPERS oder die EYELINERS.
Und dass eine Band wie die DONNAS sich klar auf Joan Jett bezieht, aber auch BIKINI KILL als Riot Grrrl-Band (die zudem von Jett produziert wurde) sie zu ihren erklärten Helden zählen, ist kein Zufall.
Dass Jett überdies aus ganz persönlichen Gründen für die gleichgeschlechtliche Ehe eintritt, passt in dieses Bild der starken, kämpferischen Frau, zu der sie schon in Mitte/Ende der Siebziger als Teil der RUNAWAYS wurde.
Die vorliegende Zusammenstellung der „Greatest Hits“ auf ihrem eigenen Label enthält wirklich alle Hits: Neben den eingangs erwähnten Songs sind auch „Cherry bomb“, „Bad reputation“, „Do you wanna touch me (Oh yeah)“, „Everyday people“ und „I hate myself for loving you“ enthalten, plus eine ganze Latte anderer, wobei drei alte Nummern („You drive me wild“, „School days“, „Love is pain“) 2009 neu eingespielt wurden.
Eine faszinierende Frau, mit deren Karriere man sich ruhig genauer beschäftigen sollte. Die Zusammenstellung kommt als Klappcover-Digipak, wobei nicht klar ist, warum nicht alle Songs auf eine CD gepackt wurden.
An der Spielzeit liegt es nicht.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #91 August/September 2010 und Joachim Hiller