„Musik machen ist für mich wie Scheißen. Es gehört einfach zum Tagesablauf dazu“, mit diesen Worten erklärt Devin Townsend recht lapidar seine Passion und deutet darauf hin, dass er wohl mindestens ein Mal am Tag die Gitarre in die Hand nimmt.
Daher verwundert sein enormer Output auch nicht. So schließt Townsend zwei Jahre nach Kapitel eins, „Addicted“, und zwei, „Ki“, den Kreis und veröffentlicht gleichzeitig mit „Deconstruction“ das dritte und mit „Ghost“ das letzte Werk seiner Album-Tetralogie.
Spannend dabei ist, wie der manisch-depressive Musiker und Produzent seine schizophrenen Emotionen in Musik umzuwandeln vermag – wie schon die Albumtitel andeuten. Denn vor allem „Deconstruction“ dekonstruiert Townsends „permanenten Selbstfindungstrip“ als einen, bei dem das Aggressive obsiegt – scheinbar.
So erinnern diese neun Songs aufgrund ihres Härtegrads an Townsends ehemalige Hauptband STRAPPING YOUNG LAD. Doch zu dem kalten, teils abgedrehten Industrial Metal – bei dem sich passende Gastmusiker von OPETH, SOILWORK, MESHUGGAH, DEATH und sogar GWAR die Klinke in die Hand geben – gesellen sich diese typischen, fremdartigen und verrückten Elemente, die Townsend besonders auf seinem 2007er Album „Ziltoid The Omniscient“ in den Vordergrund stellte.
Operettenhafter Bombast trifft also auf metallische Härte, elektronische Klänge finden gleichwohl Eingang ins Konzept wie Frank Zappa-esker Avantgarde-Dadaismus. Das andere Werk, „Ghost“, ist der Umkehrschluss von „Deconstruction“ und zeigt Devin von seiner „ruhigen“ Seite.
So sprechen Songs wie „Blackberry“, mit Banjo und weiblichen Vocals untermalt, eine folkige Sprache. Singer/Songwriter-Material trifft auf dezente, elektronische Klänge. „Ghost“ wird die Fans überraschen, aber nicht verwundern, bedenkt man, dass Townsend auch schon auf anderen Alben, zum Beispiel auf „Biomech“ oder „Terria“, gerne Meditatives integriert hat.
„Ghost“ stellt demnach die ausgeglichene Seite Townsends dar, die sich nach seinem eigenverantwortlichen Entzug der leichten Drogen konstruktiver entfalten konnte. In diesem Kontext stellen alle vier Alben dieser Tetralogie ein homogenes Konzept dar und schließen Townsends Lebensphase der Selbstfindung ab, wobei der kanadische Musiker wieder einmal mehr zeigt, dass seine Musik wesentlich mehr als „nur“ Progressive Metal ist – und auch mehr als nur ein Teil seines Tagesablaufs.
Natürlich kann man diese Alben auch problemlos separat von einander konsumieren. Es empfiehlt sich aber, das Gesamtpaket auf sich einwirken zu lassen, um das Konzept in seiner Gänze zu verstehen.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #97 August/September 2011 und Arndt Aldenhoven
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