Nein, Pierre Perrets Chansonstil ist definitiv nicht mein Ding. Trotzdem lässt sich nicht abstreiten, dass ihm mit „Lily“ ein recht nachdrückliches Statement gegen Rassismus gelungen ist. Genau auf dieses Lied verweist Szenarist Fabien Grolleau in seiner Widmung zu Beginn des Bandes: „In diesem Comic geht es um Wölfe, die sich an Fallensteller heranpirschen.“ In klar umrissenen, stimmungsgeladen kolorierten Bildern wird collagenartig zeitlich wild zwischen verschiedenen Episoden aus dem Leben der 1944 geborenen politischen Aktivistin und bekennenden Kommunistin Angela Davis hin- und her gesprungen, was das Nachvollziehen der Haupthandlung nicht unbedingt einfach macht. Erst recht nicht, wenn man nur oberflächlich mit der Materie vertraut ist. Entstehende Leerstellen scheinen dabei nicht nur in Kauf genommen zu werden, sondern ausdrücklich erwünscht zu sein. Im Fokus stehen Davis’ im Laufe ihres Lebens gesammelte Erfahrungen mit Rassismus, ihr Engagement als Kommunistin und in der Black-Power-Bewegung und ihre Flucht vor dem FBI zu Beginn der Siebziger. Andere Aspekte wie ihre Rolle als feministische Philosophin inklusive Studium bei Marcuse, Horkheimer und Adorno beispielsweise werden hingegen ein Stück weit zur Randnotiz degradiert. „Gejagt“ ist weniger eine auf Vollständigkeit bedachte Angela Davis-Biografie denn ein Appell an die Macht des Einzelnen/des Volkes und ein Aufruf, für die Gleichberechtigung aller zu kämpfen. Ein abschließendes Interview mit den Autoren füllt zwar manche in den Panels klaffende inhaltliche Lücke, noch interessanter wäre es gewesen, hätte man die Grande Dame der schwarzen Bürgerrechtsbewegung selbst zu Wort kommen lassen. Lesenswert.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #159 Dezember 2021 /Januar 2022 2021 und Anke Kalau