Sergio Leones Dollar-Trilogie, mit den Filmen „Für eine Handvoll Dollar“, „Für ein paar Dollar mehr“ und „Zwei glorreiche Halunken“, war in Deutschland im Kino und auch auf Video lange Zeit nur gekürzt zu sehen.
Nicht immer hatte das mit Zensurgründen zu tun, oft entfernten Verleiher eigenmächtig in ihren Augen überflüssige Handlung, um die Filme kommerziell besser auswerten zu können. Zumal Italowestern zu dieser Zeit nur anspruchslose Unterhaltungsware waren und keine Filmkunst.
Im DVD-Zeitalter erschienen dann endlich „Für eine Handvoll Dollar“ und „Zwei glorreiche Halunken“ in kompletter Form, letzterer bei MGM sogar in einer rekonstruierte Langfassung, inklusive einer weltweit unveröffentlichten Szene.
Bei „Für ein paar Dollar mehr“ blieben allerdings außerhalb Italiens alle bisherigen Fassungen unvollständig, auch wenn es sich nur um wenige Sekunden handelte. Die neu bei Universum erschienene DVD und Blu-ray schaffen da Abhilfe, können aber im Gegensatz zu den alten Versionen in Sachen Bildqualität nur bedingt Mehrwert liefern.
Aber da gehen die Meinungen wohl wie so oft auseinander, zumal der HD-Wahn oft bei den Leuten falsche Erwartungen schürt. Zumindest bei der DVD und Blu-ray von „Für eine Handvoll Dollar“ gelang ein deutlicher Qualitätssprung.
Übernommen wurde auf jeden Fall bei beiden Veröffentlichungen das Bonusmaterial der alten Special Editions von Paramount, inklusive des Audiokommentars von Leone-Biograph Sir Christopher Frayling.
Ebenfalls vorhanden sind jetzt die deutsche Erstsynchro als auch die alberne deutsche Wiederaufführungssynchro. Zweitere mal wieder eines dieser unerträglichen Machwerke aus dem Hause Rainer Brandt.
Aber man sollte sich vielleicht von solch übertrieben penibler Qualitätskontrolle nicht den Spaß an Filmen versauen lassen, die vor knapp 50 Jahren unter teilweise abenteuerlichen Bedingungen entstanden.
Letztendlich ist es mal wieder einem dieser Zufälle der Filmgeschichte zu verdanken, dass aus „Für eine Handvoll Dollar“ überhaupt ein Kultfilm wurde, Clint Eastwood ein Star und Regisseur Leone sowie Komponist Morricone Ikonen ihrer Zunft.
Denn bevor Leone „Für eine Handvoll Dollar“ drehte, steckte die italienische Filmindustrie ordentlich in der Krise, da sich das Publikum an Sandalenfilmen und ähnlichem sattgesehen hatte.
Inspiriert von Kurosawas „Yojimbo“ entwickelte Leone dann die Idee für „Für eine Handvoll Dollar“. Zumal John Sturges mit „Die glorreichen Sieben“ zuvor schon ein ähnlicher Coup gelungen war, der damit Kurosawas „Die sieben Samurai“ kopiert hatte.
Schwieriger gestaltete sich die Suche nach einem geeigneten Hauptdarsteller, der unbedingt ein Amerikaner sein musste. Dabei war erst Henry Fonda im Gespräch, James Coburn wollte dann zu viel Geld und Charles Bronson hielt das Drehbuch für das schlechteste, das er jemals gelesen hatte.
Aber schließlich bekam Leone einige Jahre später ja doch noch alle drei. Eric Fleming, Star der TV-Serie „Rawhide“, lehnte ebenfalls dankend ab, empfahl aber seinen Co-Star, den noch unbekannten und vor allem preisgünstigen Clint Eastwood.
Und auch Leones Zusammentreffen mit Morricone verlief wohl erst nicht besonders glücklich. Auf jeden Fall ließ sich nicht erahnen, dass sich daraus eine so fruchtbare, langjährige Zusammenarbeit entwickeln würde.
Nach leichten Anlaufschwierigkeiten wurde der billig gedrehte Streifen dann ein riesiger Erfolg und Leone hatte bei den zukünftigen Projekten „Für ein paar Dollar mehr“ und „Zwei glorreiche Halunken“ wesentlich größeren finanziellen Spielraum, um seine künstlerischen Visionen in möglichst epischer Breite umzusetzen.
Europäische Western gab es zwar schon vor „Für eine Handvoll Dollar“, aber der wurde durch seine eigenwillige Bildsprache und den nihilistischen wie brutalen Grundton zum Prototypen des Spaghettiwesterns und hat bis heute nichts von seinem Reiz verloren, wie eigentlich alle Filme dieses großartigen Regisseurs.
Mit seiner eigenen Regiearbeit„Ein Fremder ohne Namen“ huldigte Eastwood 1973 Leone auch noch mal recht deutlich.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #107 April/Mai 2013 und Thomas Kerpen