Wer womöglich schon mal gerätselt hat, ob diese 1976 im schottischen Edinburgh gegründete Band nun THE REZILLOS oder THE REVILLOS heißt und was die beiden Bands miteinander zu tun haben, kann folgende Erklärung bekommen: Zuerst hieß die Band, die sich wohl weniger als Punkband denn als „New Wave beat group“ verstand, THE REZILLOS, dann, ab 1979, in einer Neuauflage THE REVILLOS, wobei Hauptsongwriter Jo Callis bei der Neugründung nicht dabei war, sondern „nur“ Fay Fife und Eugene Reynolds, die aber die beiden Stimmen der REZILLOS gewesen waren.
Callis, der in den Achtzigern bei THE HUMAN LEAGUE spielte, war dann erst von 2001 bis 2010 bei der Reunion wieder an Bord, wie Fay und Eugene auch, die nach dessen erneutem Ausstieg abermals ohne ihn weitermachten.
Die Bandgeschichte freilich im Detail zu erfassen, wie auch die Unmengen an beteiligten Musikern, fällt selbst anhand des umfassenden Wikipedia-Eintrags nicht leicht. Musikalisch ging es 1979 mit den REVILLOS da weiter, wo die REZILLOS am besten gewesen waren: in Sachen supersweetem Beat-Pop nämlich, mit as much Kitsch und Bubblegum as possible, Popkultur und ihr selbstreferenzielles Zitieren at it’s best.
Das Artwork war grellbunt und comichaft, die Kostüme sahen aus wie eine Mischung aus Raumfahrer und Neunziger-Technomode, alles wirkte so großartig artifiziell, wie es eben nur wirken kann, wenn man auch die entsprechende hyperperfekt produzierte Popmusik spielt.
Aus dem Grund kann man es verstehen, wenn jemand, der den Pop-Anteil bei Pop-Punk nur bis zu maximal 50% zu tolerieren bereit ist, hier „raus“ ist, denn immer wieder sind die Nummern zu sehr Pop und zu wenig Punk, wie man hier etwa beim Song „Heaven fell“ auf „Compendium Of Weird“ feststellen muss.
Damaged Goods hat sich angesichts von für 2020 geplanten Konzerten der Rest-REVILLOS daran gemacht, das musikalische Erbe der Band weiter aufzuarbeiten. Dazu wurde die seit zehn Jahren nicht mehr erhältliche und ursprünglich 1996 erschienene Compilation „From The Freezer“ neu aufgelegt, als CD-Digipak mit reich bebildertem Booklet.
Ergänzt wird diese um „Compendium Of Weird“, eine Raritätensammlung, für die sich der frühere Drummer Rocky Rhythm durch den in Kisten auf dem Dachboden gelagerten Nachlass des 2005 verstorbenen Gitarristen Kid Krupa wühlte und anschließend erheblicher Aufwand zu erbringen war, um die Aufnahmen zu restaurieren.
Das dritte Album im Bunde, „Live From The Orient“, ist eine erweiterte Neuauflage des 1996 auf Vinyl Japan Records erschienenen Live-Albums „Live And On Fire In Japan“, mit dem eine Japantour der REVILLOS im Jahr 1994 dokumentiert wurde.
15 Songs waren damals enthalten, jetzt sind es sechs mehr, und laut der Linernotes von Rocky Rhythm musste er sich hierfür durch zig Sicherungs-CDs wühlen, die Kid Krupa kurz vor seinem Tod zum Glück erstellt hatte, denn er arbeitete bis zum Schluss an einer digitalen Aufarbeitung der Aufnahmen.
Alles in allem eine ehrenvolle Arbeit, diese Rereleases, aber eher Material für echte Fans. Anfänger sollten zunächst zu „Flying Saucer Attack: The Complete Recordings 1977-1979“ greifen.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #147 Dezember/Januar 2019 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #151 August/September 2020 und Joachim Hiller