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SOFIA PORTANET

Freier Geist

Sätze wie „Berlins neue Alternative-Pop-Hoffnung“ sind Gift, so toxisch wie dieser grausame den Muff der Fünfziger Jahre atmende Begriff „Fräuleinwunder“. Aber gut, der Kulturjournalismus lebt von solchen Schlagwortisierungen, und Sofia Portanet, in Kiel geboren, in Berlin lebend und ausweislich ihrer Texte auf dem Debüt „Freier Geist“ mindestens dreisprachig (Deutsch, Französisch, Englisch) fährt gut damit, dass sie aus dem Stand bei den öffentlich-rechtlichen Sendern durchgereicht wird. Dass ihr ein Geheimtipp-Status bescheinigt wurde, geht ja bereits auf das Jahr 2018 zurück – von „Deutschlands nächstem internationalen Popstar“ wurde da von einem BBC-Moderator Marketingslogan-like formuliert. Eine Reihe Videos wurden von Philipp Virus gedreht, sind hübsch anzusehen und mit Genuss anzuhören, die Zahl der Aufrufe will aber noch nicht so recht zum scheinbaren Hype passen. Man ahnt, dass da jenseits der beachtlichen musikalischen Leistung – die Musik wurde von Sofia zusammen mit Stefan Kahles von der Berliner Krautrock-Band CAMERA geschrieben – auch einiges an PR-Power investiert wurde und Künstlerin wie Texte und Musik einen Nerv treffen. Bis heute sind Musikliebhaber*innen im Ausland von MALARIA! fasziniert, irgendwas macht dieser kühle Wave-Sound in Verbindung mit spröder Frauenstimme mit den Menschen, und wenn hier seitens des Labels „Freier Geist“ als „Neue Deutsche Welle/Wave“ rubriziert wird, geht das genau in diese Richtung. Sofia Portanet hat eine markante, aber nicht eigenwillige Stimme, anders als die als Vergleich bereits bemühten Nina Hagen und Lene Lovich, sie ist gefälliger, nie extrem und harmoniert bestens mit dem vielleicht eine Spur zu kalkuliert auf den Sound der frühen Achtziger Bezug nehmenden Musik. Die Story, die Musik, das Image, alles passt hier – mal sehen, ob das was wird mit dem Status als „Deutschlands nächster internationaler Popstar“. So oder so, ein angenehmes Album ist es allemal, für meinen Geschmack aber fehlt hier und da die Schärfe, und das, was NDW und Wave an Punk-Wurzeln hatte.