Die Popper der Achtziger haben sich bei genauerer Betrachtung ja optisch in vielerlei Hinsicht an den Fünfzigern orientiert: Hemden, Krawatten, Bundfaltenchinos, Loafer, Seitenscheitel, ausrasierte Kurzhaarschnitte, etc.
Wenn man will, also eine Art Gegenrebellion in Form einer (teilweisen) Rückbesinnung auf die Vorhippieära. Daher ist es eigentlich nicht weiter verwunderlich, dass der 1990 im Alter von nur 33 Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommene Yves Chaland in seinen zwischen 1981 und 1989 entstandenen Freddy Lombard-Abenteuern stilistisch mit einem Augenzwinkern aus dem Vollen des 1950er-Designs schöpft.
Damit schuf er nicht nur das Paradebeispiel für die als „style atome“ bekannte Zeichenrichtung, sondern vereinigte darüber hinaus auch rotzfrech Elemente der seit den Fünfzigern miteinander konkurrierenden zentralen belgischen Nachkriegs-Comicschulen École Marcinelle und Ligne claire.
Während Chaland sich beispielsweise die Idee eines gemeinsam agierenden Trios von Tillieux („Félix“/„Jeff Jordan“, École Marcinelle) leiht, stammt die stark an Hergés Tim angelehnte Figur Freddy eindeutig aus der Tradition der Ligne claire.
Inhaltlich nimmt er etliche Klischees beider Schulen auf die Schippe, darunter unter anderem absurd hoher Alkoholkonsum, Chauvinismus in sämtlichen erdenklichen Ausprägungen und elitäres Gehabe.
Diese Gesamtausgabe versammelt alle bis zum Tod Chalands entstandenen fünf Bände. Während die beiden ersten ausschließlich von ihm verfassten Teile inhaltlich noch hauptsächlich persiflieren und dabei recht unreif kalauernd wirken, gewinnen die von Yann verfassten Szenarios der Bände 3 bis 5 zusehends an Tiefe.
Was wohl passiert wäre, hätten noch weitere Abenteuer entstehen können? Hoher Kultfaktor.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #135 Dezember/Januar 2017 und Anke Kalau