Das in Philadelphia ansässige Relapse-Label wird gemeinhin unter „Metal“ rubriziert, und bei flüchtiger Beschäftigung mit dem Programm der 1990 gegründeten Plattenfirma kann man das auch so abhaken. Wer eine weniger unterkomplexe Sicht auf die Welt hat, weiß hingegen, dass Relapse eher ein „Boutique-Label“ ist: Musik abseits ausgetretener Pfade, und ja, das kann man auch mal unter „Metal“ subsumieren, aber genauso sind hier auch Punk und Hardcore und Goth und alle Arten von Hybriden dieser Genres zu Hause, und FINAL GASP aus Boston zeugen mit ihrem Debütalbum „Mourning Moon“ von dieser Offenheit. Die sechsköpfige Band um Frontmann Jacob Murphy setzt auf den dichten Sound von gleich drei Gitarren, und sie macht kein Geheimnis daraus, welche Bandlegende hier ganz massiv ihre Spuren hinterlassen hat: KILLING JOKE. Nicht die der Neuzeit, nicht die ab Ende der Achtziger, sondern die der ersten vier Alben, als noch die Schärfe des Punkrock deren Sound dominierte. FINAL GASP spielen mit diesem Sound, Murphy hat zwar keine so markante Stimme wie Jaz Coleman, aber wenn er seine Sätze herauspresst, wenn seine Band mit ihm voranstürmt und sich dabei – siehe „Blood and sulfur“ – hinter einem halligen Gesamtsound fast schon Crustpunk versteckt, dann packt das sofort. Und beim Titelsong „Mourning moon“ hat man dann doch fast den Eindruck, da setze jemand zur Überquerung des Rubikons an, wirkt die Szenerie wie von tausend Sonnen erhellt ... FINAL GASP sind dabei keine Epigonen, sondern entwickeln auf einer vertrauten Basis einen durchaus eigenen Sound, den sie bislang auf den beiden EPs „Baptism Of Desire“ (2019) und „Haunting Whisper“ (2021) veröffentlicht hatten. Ich kann mir vorstellen, dass das live mit mehr metallischer Kante gespielt wird, aber mir gefällt die Produktion von Arthur Rizk, der auch schon mit GhosteMane und POISON RUIN gearbeitet hat. FINAL GASP selbst bezeichnen sich übrigens als Deathrock-Band.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #171 Dezember 2023/Januar 2024 2023 und Joachim Hiller