Psychedelic is the new Indie! Diese oder ähnliche Losung scheinen sich die FIGURINES in der Schaffensphase ihres neusten Kleinodes auf die Fahne geschrieben zu haben. Denn das, was man von dem zutiefst sympathischen Vierer aus Dänemark auf "When The Deer Wore Blue" zu Gehör bekommt, hat sich vom simplen, aber mitreißenden Indiepop vergangener Tage losgelöst und tritt nun in die apokryphen Weiten des Psychedelic Rocks ein.
Waren bei früheren Alben Frühneunziger-Helden wie PAVEMENT oder BUILT TO SPILL Einflüsse für ihre Konzeption des Indierocks, holen die FIGURINES nun Gruftzombies wie PINK FLOYD, THE VELVET UNDERGROUND oder THE DOORS ans Tageslicht und entstauben sie mit Christian Hjelms bezaubernd brüchiger Stimme.
Eine Stimme, die schüchtern und zugleich eindringlich von den kleinen und großen Dingen des Lebens erzählt. Mal verklärt sie, mal ist sie bodenständig wie eine dänische Eiche. Mal steht sie verzweifelt im Vordergrund, mal geht sie auf in mehrstimmigen Harmonien, die sogar den Vorzeige-Chorknaben der BEACH BOYS die Schamesröte in die Backen schießen lassen dürften.
Die FIGURINES betreiben also neuerdings musikalischen Eklektizismus in Perfektion. Die wahre Kunstfertigkeit zeigt sich allerdings darin, dass das Endprodukt ihres Streifzuges durch den Flohmarkt der Rock- und Pop-Geschichte in keinem Moment künstlich oder trocken wirkt, sondern stets auf der Überholspur der Catchyness an einem vorbei rauscht; und das nicht nur mit der Minimal-Rockband-Instrumentierung der alten Platten, sondern mit jeder Menge hippieskem Brimborium auf dem Dachgepäckträger, wie zum Beispiel einer vibrierenden Sixties-Orgel in dem hypnotischen Stück "A cheap place to spend the night".
Überhaupt ist dieses Album gesäumt von Xylophonen und Schellenkränzen galore. Da möchte man doch direkt Mamas altes Stirnband in die ranzige Langhaarfrisur schieben, heimlich Papas verklebtes Batik-Shirt aus dem Speicher fischen und zu dem wirklich wundervollen "The air we breathe" dem Sonnenuntergang entgegenschweben.
Oder etwa nicht?! Spießer! (48:17) (8)
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