Folgenden Film nach Möglichkeit nicht mit Willy Bogners gleichnamiger „Schnee-Operette zwischen Kunst, Kitsch und Werbefilmästhetik“ verwechseln, denn hier handelt es sich um einen Animationsfilm aus der Feder von Ralph Bakshi.
Bakshi war in den 70er und 80er Jahren eine Art Pionier des Erwachsenentrickfilms, dumm nur, dass die angepeilte Klientel dieses Medium nach wie vor überwiegend für Kinderbelustigung hielt.
1972 drehte er mit FRITZ THE CAT eine dennoch recht erfolgreiche Trickfilmversion des Robert-Crumb-Comics (die der Meister allerdings nicht mochte), und HEAVY TRAFFIC (1973) und COONSKIN (1974) danach bekamen zumindest noch Kritikerzuspruch.
Sein bis dahin ambitioniertestes Projekt, die Trickfilmversion von J. R. R. Tolkiens „Der Herr der Ringe“, für die er das bereits 1911 entwickelte Rotoskopie-Verfahren nutzte – das heißt, echte Darsteller wurden gefilmt und dann Bild für Bild überzeichnet, was bereits in Disneys „Schneewittchen“ 1937 in einigen Tanzszenen verwendet wurde – erwies sich leider als Flop.
Sehr ärgerlich, denn der erste Film deckte nur die Hälfte von Tolkiens Werk ab, und eine Fortsetzung kam nie zustande. Zumal Bakshi meiner Meinung nach wesentlich besser die Magie von Tolkiens Welten einfing, als Peter Jackson mit seiner die Geduld überstrapazierenden Mammut-Produktion.
Bei FEUER UND EIS (FIRE AND ICE) versuchte sich Bakshi noch einmal am Rotoskopie-Verfahren, um die Fantasy-Kreationen des legendären Illustratoren Frank Frazetta in bewegte Bilder umzusetzen, im Gegensatz zu „Der Herr der Ringe“ ein ziemlicher finanzieller Misserfolg und auch in künstlerischer Hinsicht ein durchwachsenes Erlebnis, da die damalige Tricktechnik schnell an ihre Grenzen stieß.
Die Story ist der übliche gewalttätige „Sword & Sorcery“-Fantasy-Kokolores mit grobschlächtigen Muskelmännern, angesiedelt in in einer undefinierten Urzeit, als die Frauen zwar keine Schwänze mehr hatten, aber ein Bekleidungsproblem.
Denn die im Mittelpunkt stehende Königstochter Teegra rennt mit einem dermaßen winzigen Bikini durch die Gegend, da würde selbst Hugh Hefner erröten. Die wird zum Spielball im Konflikt zwischen ihrem Vater Jarol, dem König des Lichts und des Feuers, und einem gewissen Lord Nekron, der über die Erde die Eiszeit hereinbrechen lassen will und seine Armee von Halbmenschen aussendet, um die Prinzessin zu entführen.
Der klassische Kampf Gut gegen Böse, allerdings mehr auf Action als auf inhaltliche Tiefe ausgerichtet, denn FEUER UND EIS ist überwiegend eine große Schnitzeljagd, bei der es darum geht, die Prinzessin zu befreien und Lord Nekrons diabolische Machenschaften zu durchkreuzen.
Wer mit den Computeranimationen von Pixar groß geworden ist, wird FEUER UND EIS wahrscheinlich als regelrecht primitiv empfinden, denn die Schwächen des Films sind gut sichtbar, da sich die Figuren auf recht statischen Hintergründen bewegen und sich beide Ebenen zu stark voneinander abheben.
Was immer noch recht beeindruckend ist, sind hingegen die durch das Rotoskopie-Verfahren bewerkstelligten durchweg ungemein naturalistischen Bewegungsabläufe der Figuren, die in heutigen Animationsfilmen nicht unbedingt realistischer aussehen.
Wobei es mit Richard Linklaters A SCANNER DARKLY, einer Philip K. Dick Roman-Adaption, 2006 den Versuch gab, Rotoskopie in digitaler Form umzusetzen, hübsch anzusehen, aber keine wirkliche gute Verfilmung des Dick-Stoffes.
Freunde oldschooliger Animationsfilme und Fantasy dieser Art werden allerdings noch viel Freude mit FEUER UND EIS haben, denn Bakshi hat hier wirklich sehr liebevoll Einflüsse von Robert E.
Howards Conan-Geschichten in seinen nach wie vor äußerst unterhaltsamen Animationsfilm für Erwachsene übersetzt. Besonders in dieser vorbildlichen DVD-Edition von Capelight, der der Film auch als Blu-ray beiliegt, neben einem umfangreichen Booklet und einer dritten Disc mit der hochinteressanten Dokumentation FRAZETTA: PAINTING WITH FIRE von 2003 über diese Ikone der zeichnenden Zunft in Spielfilmlänge.
Überraschend gelungen die alte deutsche Synchro, die noch mit richtig guten Sprechern aufwarten kann.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #88 Februar/März 2010 und Thomas Kerpen