Natürlich könnte man sich leicht über Wattie Buchan das Maul zerreißen, von dem Umstand, dass THE EXPLOITED (im übrigen vollkommen zu Recht) seit Ewigkeiten nur noch betrunkene Kinder und die ultraranzigsten Siffgammler auf ihre Konzerte zu locken vermögen, ganz zu schweigen.
Und dennoch möge doch bitteschön jeder erwachsene und vernunftbegabte Ox-Leser, der dem frühesten Oevre dieser angepissten, schottischen Straßenköter die Relevanz absprechen möchte, seinen Punk-Berechtigungsausweis an die im Impressum vermerkte Redaktionsanschrift zurücksenden.
Ich bin jedenfalls erstaunt, wie mich der kompromisslos nach vorne peitschende Auftakt zu „Punks Not Dead" noch 28 Jahre, nachdem die Platte im Original erschien, die ich auch bestimmt vor - hüstel - 15 Jahren zum letzten Mal bewusst hörte, mitzureißen vermag! Alleine der Titelsong war 1980/81, da die erste englische „Punkexplosion" gerade abgeklungen war, gewiss ein absolut existentielles Statement, um die Fackel am brennen zu halten, und Gründe, um groß das Maul aufzureißen und Angst, Wut und Protest zu artikulieren, gab es ja nach wie vor genug: „Margaret Fotze" begann auf der Insel gerade eine Politik der bis dato nicht für möglich gehaltenen sozialen Kälte zu praktizieren, führte kurz darauf Krieg gegen eine von Argentinien besetzte Insel, auf der mehr Schafe als Menschen lebten, von der sonstigen weltpolitischen Scheiße wie Nato-Doppelbeschluss, Afghanistan und dergleichen mal ganz abgesehen.
Klar geht es hier weder textlich noch musikalisch sonderlich subtil zu Werke, aber Songs wie „Cop cars", „Army life" und „I believe in anarchy" haben definitiv nichts von ihrer Wichtigkeit eingebüßt und stellen auch heute noch eine hochnotwendige Zierde für jeden abgefuckten Kassettenrekorder des pubertierenden Punkernachwuchses dar.
Dass sich „die Ausgebeuteten" natürlich auch peinliche Ausrutscher mit Fremdschämfaktor 12 leisteten („Sex and violence" und „Fuck the mods" - aargh!), naja, drauf geschissen. Das Teil hier kommt jedenfalls mit sämtlichen frühen 7"s, sowie dem passabel klingenden, aber nicht wirklich bedeutsamen „On Stage"-Livebootleg, das 1980 aufgenommen wurde, als Bonus, und das Inlay wird durch alle möglichen Coverabbildungen, sowie gut gelungene Linernotes des renommierten UK-Punkchronisten Ian Glasper geschmückt.
1982, ein Jahr also nach „Punks Not Dead", erschien mit dem Nachfolger „Troops Of Tomorrow" laut des abermals für die Linernotes verantwortlichem Mr. Glasper „surely one of the best punk albums of all time".
Nun ja, in jedem Fall verfügt diese Platte über eine der mit Sicherheit unfreiwillig komischsten, weil einfach nur im schäbig-schlechten „Fantasy Science Fiction"-Metal-Style gestalteten Coverdesigns.
Aber auch soundmäßig hat die New Wave Of British Heavy Metal einen gewiss nicht dezenten Einfluss auf THE EXPLOITED ausgeübt, die ganze Produktion fällt deutlich metallischer aus und bei „U.S.A." gniedelt sich Gitarrist John Duncan im Rahmen seiner limitierten Fähigkeiten sogar regelrecht einen ab.
Doch zum Glück bleibt, im Gegensatz zu all den musikalischen Missetaten , die sich Wattie und Co. später noch erlauben sollten, der Großteil der Songs fein im Früh-80er UK-Hardcorepunk verwurzelt und angeblich bezeichnen sogar SLAYER diese Scheibe als einen ihrer wichtigsten Einflüsse (zumindest wurden drei der hier enthaltenen Songs von den Thrash-Göttern, gemeinsam mit Ice T, einst als Medley verbraten).
Mich vermag „Troops Of Tomorrow" zwar, trotz des wirklich beeindruckendem, als Titelsong fungierendem VIBRATORS-Covers und der Tatsache, dass hier textlich gar nicht so arg rumgeprollt wird, nicht mehr ganz so zu packen wie das Debüt, aber wie gesagt: Im Vergleich zu allem, was danach kam, noch ein ausgesprochen gut geratenes Werk, dass auch wieder mit hübschem Booklet, einigen 7"-Bonussongs und einer weiteren irrelevanten Zusatz-Live-CD aufwartet.
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