Zum zweiten Mal begegnen sich Hoshiko Yamane und Eraldo Bernocchi auf einem gemeinsamen Album. Die japanische Violinistin und Komponistin ist seit 2011 Teil von TANGERINE DREAM. Bernocchi ist als Gitarrist, Komponist und Produzent in unheimlich vielen stilistischen Feldern aktiv – für mich am verblüffendsten ist, dass er Teil des Metal-Kollektivs OBAKE ist. Es dauert häufig ein Weilchen, bis sich die Geigenklänge in die pulsierende, elektronische Musik einfügen. Im Gegensatz zu ihrer ersten Zusammenarbeit „Mujo“, zu der Bernocchi ausschließlich Sounds aus einem analogen Vierspur-Synthesizer beisteuerte, spielt er auf „Sabi“ Gitarre und undifferenzierte „Electronics“. Das stärkste Stück ist „Freefall“, wunderbar im Zentrum positioniert und damit Dreh- und Angelpunkt des starken Albums. Das Wummern und Dröhnen trägt die Kompositionen, die nuancierten Geigen veredeln die schroffe Grundstruktur. Bernocchi und Yamane verzahnen kontemplative Soundscapes mit Geigenarrangements, die der Atmosphäre und nicht den heiteren Harmonien gehorchen. Dennoch ist es in seiner munteren Einfachheit quasi die Antithese zu Bernocchis Kollaboration mit MERZBOW, „Patterns And Mechanisms“, das aus zwei brutalen, mit Noise ausstaffierten Arrangements besteht.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #172 Februar/März 2024 und Henrik Beeke