Wenn der Trommler der GOLDENEN ZITRONEN nach 15 Jahren eine Soloplatte aufnimmt, die "Na endlich ... Rock!" heißt, verwundert es wohl niemand, dass das eher ironisch gemeint ist. "Na endlich ... Rock!" ist eine Soloplatte, die den Namen auch verdient hat, denn natürlich hat Palucca bis auf Kleinigkeiten alles alleine eingespielt.
In Zeiten, in denen Homerecording ja einen gewissen Coolness-Faktor besitzt, kann man Palucca nur schwer den Vorwurf machen, das aus diesem Grund gemacht zu haben, auch wenn seine Platte genau das ist, also cool, wenn nicht sogar scheißecool.
Mag sein, das darauf natürlich besonders bestimmte Blätter anspringen, die in den letzten Jahren auch schon immer den Zitronen besonderes Augenmerk geschenkt haben, aber die elf Songs dieser Platte sind einfach zu charmant, um sie für das Produkt irgendwelcher Hipness-Überlegungen zu halten.
Wer den Humor der Zitronen mag, wird hier allerdings mit einer wirklich recht trockenen Form verbaler Rock-Lyric-Klischees konfrontiert, die Palucca da todernst vorträgt, zwischen persönlicher Selbstreflexion ("Trommler von Beruf") oder dem Ausschlachten formelhafter Rock'n'Roll-Lifestyle-Plattitüden ("R+R=rebellion").
Da stehen einem manchmal vor Lachen die Tränen in den Augen. Musikalisch ist das Ganze nicht weniger großartig, irgendwo zwischen karg instrumentierten Minimal-Rocknummern und trashigen Popsongs, die allerdings auch keiner besserer Produktion bedürfen.
Auch wenn Palucca in den Lyrics zu "Trommler von Beruf" meint, dass er inzwischen eher Jazz als Punk mag, könnte das dieser Platte zugrunde liegende ökonomische Prinzip kaum mehr Punk sein.
Im selben Song singt/spricht Palucca dann noch "denn ich hab jede menge rhythmus ich hab jede menge groove", und das ist bei der Platte auch tatsächlich der Fall, die weder musikalisch noch textlich irgendein billiger, sich schnell verbrauchender Kalauer ist.
"Na endlich ... Rock!" durchzieht eine souveräne, sympathische Cleverness, kein penetrantes Schlaumeiertum, denn Palucca kann recht gut den Spaß vermitteln, den er bei der Aufnahme dieser Platte gehabt haben muss.
Und in seinen Texten steckt trotz aller Ironie sicher mehr Ernsthaftigkeit, als man sonst bei Leuten findet, die sich die Deutschsprachigkeit auf die Fahne geschrieben haben, was man an einigen doch recht eindeutigen politischen Statements und nachdenklichen persönlichen Überlegungen merkt.
Eine Quote für deutschsprachige Musik im Radio? Klar doch, wenn automatisch auch ein Enno Palucca-Tag eingeführt wird ... (10/10)
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #174 Juni/Juli 2024 und Gary Flanell
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #57 November 2004/Januar/Februar 2005 und Thomas Kerpen