Wie bringt man Menschen dazu, sich mit Musik wirklich zu beschäftigen? Zum Beispiel, indem man 42 Songs auf sieben Vinyl-Siebenzöller verteilt, wobei jeder Song rund eine Minute läuft und man so faktisch während des Hörens gezwungen ist, neben dem Plattenspieler zu bleiben und es sich auch nicht lohnt, irgendwas zu lesen oder zu putzen, denn es muss ja ständig umgedreht und gewechselt werden. Das ist exakt das Gegenteil zum maximal entrückten Hintergrund-Streaming, wo jeglicher haptische Aspekt von Musik in die Tonne getreten wird. Und auch dieser ist hier wichtig, wenn auch ein Randaspekt: die sieben Singles stecken in einer weißen Pappbox mit der Anmutung von handgeschöpftem Papier, darin eingeprägt ist auf dem „Buchrücken“ der Bandname, auf Vorder- und Rückseite ein Motiv aus einer Fotoserie von Martin Kircher/Junge/Killerlady, aus der Motive auch auf Vorder- und Rückseite der jeweils individuell gestalteten Einzelsinglecover sowie den Single-Etiketten und im Booklet zu sehen sind. Auch die einzelnen Singlecover sind geprägt mit dem Bandnamen. Die Farbfotoserie erschließt sich erst beim genaueren Hinsehen: Was zunächst aussah wie Fotos von vertrockneten Fröschen oder seltsamen Käfern, entpuppte sich als wie beim Rorschach-Test gedoppelten Bildern von Kartoffeln und Kartoffeltrieben, das ist zumindest meine Vermutung – auf der Rückseite des Booklets (mit allen Texten) ist ein Kartoffelsack zu sehen. Aufgenommen wurden die 42 Songs mit 42 Minuten Musik anlässlich des vierzigsten Bandgeburtstags und dazu passend am 6. September 2019 veröffentlicht. Musikalisch sind sie, wie man bei einer Aufführung am 6. April 2019 in Mainz hören konnte, erstaunlich divers – klar EA80, aber auch anders, knapper, skizzenhafter, denn EA80 sind ja sonst auch mal Freunde langer, sich dramatisch aufbauender und steigernder Songs. Aber unterm Strich gibt es in zig Variationen den „Trademark-Sound“ – und verdammt viel Text für so knappe Spielzeiten. Weniger toll, wenn auch schwer zu verhindern, war die Entwicklung der Box zum Sammlerstück: Alles, was limitiert ist, steigt zwangsläufig im Preis, und so wird für alle, die zu spät kamen, das Ding nun für ab 75 Euro aufwärts bei Discogs angeboten. Ursprünglich war die Singlebox nur über die an der Veröffentlichung beteiligten Labels zu bekommen, als da wären: Musikzimmer, Licht-Ung, Phantom Records, Static Age, Beau Travail, Pflichtkauf und Stencil Trash Records.
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