Foto

DU KANNST ANFANGEN ZU BETEN

Jean Hermans ungewöhnlicher Heist-Thriller „Adieu l’ami“ (also „Lebewohl, mein Freund“) erschien hierzulande bereits 2005 unter dem Video-Titel „Du kannst anfangen zu beten“ auf DVD. Das klang mehr nach einem Italowestern, wobei der alte deutsche Kinotitel „Bei Bullen ,singen‘ Freunde nicht“ auch nicht wesentlich besser ist. Die bescheiden ausgestattete DVD von EuroVideo bleibt qualitativ weit hinter der aktuellen Mediabook-Veröffentlichung (mit DVD und Blu-ray) zurück. Neben einem filmhistorischen Audiokommentar gibt es auch zwei Interviews mit Regisseur Herman, der unter dem Namen Jean Vautrin ebenfalls als Autor aktiv war. Aus seiner Feder stammt der Roman „Canicule“ von 1982, aus dem Yves Boisset zwei Jahre später unter dem Titel „Dog Day – Ein Mann rennt um sein Leben“ einen recht bizarren Gangsterfilm mit Lee Marvin machte, der Formen menschlicher Gier und Bösartigkeit thematisierte. Menschliche Gier und Bösartigkeit ist auch das Thema von „Du kannst anfangen zu beten“, in dem Charles Bronson und Alain Delon als charakterlich gegensätzliche Algerien-Veteranen zu Partnern wider Willen werden, ähnlich wie drei Jahre später in Terence Youngs Western „Rivalen unter roter Sonne“. 1970 erschien Sébastien Japrisots Drehbuch als Rowohlt-Taschenbuch unter dem Titel „Weekend im Tresor“, der wesentlich besser zum Inhalt des Films passt. Denn der Fremdenlegionär Franz Propp (Bronson) und der Militärarzt Dino Barran (Delon) lassen sich über die Weihnachtstage in einem Firmengebäude einschließen, um den dortigen Safe zu knacken, allerdings nicht, um etwas zu stehlen, sondern um etwas zurückzulegen. Diese Geschichte eines ungewöhnlichen Raubes, in der keiner dem anderen traut, besitzt zwar einige Logik-Löcher, liefert aber insgesamt ein spannendes Verwirrspiel mit überraschendem Finale.