DROPKICK MURPHYS

Signed And Sealed In Blood

Vor großen Gesten, vor reichlich Pathos hatten die Bostoner DROPKICK MURPHYS noch nie Angst. Und so legen sie gleich mit dem Opener so mächtig los, dass man sich für die kommenden Touren keinen anderen Opener vorstellen kann als „The boys are back“, dessen Refrain mit „...

and they’re looking for trouble ... and they’re coming for you“ die mehrstimmig gegrölte Fortsetzung findet. Schon in der Studioversion klingt das wie live, als ob da ein ganze Stadion mitsingt und mitklatscht – Al Barr, Ken Casey, Matt Kelly und Co.

legen mit einem Feuerwerk los und lassen keinen Zweifel daran, dass sie es waren, die den von Irish Folk gefärbten, bierseligen Männerfreundschaftsrock erfunden haben. Klingt das despektierlich? Soll es nicht.

Es mag nicht jedermanns Sache sein, bei einem Konzert schweißgebadet und mit bloßem Oberkörper, das verschwitzte Shit um den Hals hängend, mit Unbekannten herumzuhüpfen und die Lieder mitzusingen, ja Feingeister mögen sich da abwenden, aber mal ehrlich: DROPKICK MURPHYS schaffen es weltweit Menschen mit ihrem musikalischen Wellnessprogramm dazu zu bringen, mit Pipi in den Augen zwei Stunden großen Spaß zu haben – so falsch kann das nicht sein, irgendwas machen sie richtig.

Und so mitreißend das Album mit „The boys are back“ (eine sicher rein zufällige Ähnlichkeit zu den irischen Rockhelden THIN LIZZY und deren Überhit) beginnt, mit „Prisoner’s song“ geht es genauso feurig weiter, bevor mit dem eher an den gemütlicheren, (im Gegensatz zu den DROPKICK MURPHYS) nicht ursprünglich von Oi! und Punk getriebenen Sound der POGUES erinnernden „Rose tattoo“ das Tempo zurückgenommen wird.

Dessen Titel scheint zwar eine Anspielung auf die australische Band zu sein, ist es aber wohl nicht, zumindest musikalisch. Die Bostoner haben auf ihrem elften Album, das nach nicht mal zwei Jahren auf „Going Out In Style“ folgt, das Tempo insgesamt etwas angezogen, „Signed And Sealed In Blood“ sei, so Ken Casey, im Gegensatz zum Vorgänger kein Konzeptalbum, sondern „catchy“ und „fun“.

Das trifft absolut zu, wer noch einen weiteren Beweis sucht, findet den mit dem künftigen Klassiker „The battle rages on“. Und dass mit dem Rausschmeißer „End of the night“ („It’s the end of the night, but we ain’t going home“) ein perfekter letzter Song für die künftigen Konzerte geschrieben wurde, kann man entweder als Kalkül bezeichnen – oder als Beweis dafür nehmen, dass die Murphys ihre Fans (und sich selbst) sehr gut kennen.

Elf der zwölf Songs sind mitreißende Instant-Klassiker, aber es gibt einen Totalausfall: das Weihnachtslied „The season’s upon us“, das zudem auf einem Januar-Album deplatziert wirkt. Ach ja, die eingangs erwähnte Männerfreundschaftsache betreffend: wer Musik macht, die so wie keine andere Männer zum Kuscheln einlädt, sollte sich schon fragen lassen (ganz konkret richtet sich diese Frage an Sänger Al Barr), was er meinte, als er vor einigen Monaten eine Videobotschaft an seine Fans mit dem eindeutig abwertenden Begriff „faggot“ („Schwuchtel“) einleitete.

Immerhin, die Entschuldigung folgte schnell – wäre auch blöd, einen Teil seines Publikum zu beleidigten ... (Diese Band war auf der Ox-CD #105 zu hören)