Offen gestanden hatte ich die 1996 in Boston gegründeten DROPKICK MURPHYS spätestens 2021 nach ihrem Album „Turn Up That Dial“ endgültig als handwerklich versierte, aber formelhafte „Celtic Punk“-Besäufnis-Kombo für Saint Patrick’s Day-Fans mit Dudelsack-Fetisch abgeschrieben, die in kreativer Hinsicht komplett stagniert und nur noch ab einem bestimmten Promillelevel vollständig ihren Reiz entfalten kann beziehungsweise zu ertragen ist. Auch wenn der Begriff Glücksfall in diesem Zusammenhang unpassend erscheint, war der Umstand, dass sich Co-Sänger Al Barr nach „Turn Up That Dial“ zur Pflege seiner Mutter eine Auszeit nehmen musste, für die DROPKICK MURPHYS in kreativer Hinsicht auf jeden Fall förderlich, denn man musste zur Überbrückung vom gewohnten Erfolgsrezept abweichen und sich mal was Neues überlegen. Daraus resultierte im letzten Jahr „This Machine Still Kills Fascists“, ein rein akustisches, aber nicht minder energetisches Album, auf dem die Band mit dem Segen von Woody Guthries Tochter Nora unveröffentlichte Texte von deren Vater als Grundlage für eigene Songs nutzte, also kein typisches Coversong-Album ablieferte. Nicht das erste Aufeinandertreffen der DROPKICK MURPHYS und Guthrie, denn bereits ihr in Martin Scorseses Film „Departed – Unter Feinden“ 2006 prominent eingesetzter Hit „I’m shipping up to Boston“ von 2005 basierte auf einem Text von Guthrie. Zudem nahmen DROPKICK MURPHYS, die man mit ihrem überwiegend sorglosen Unterhaltungsanspruch leicht unterschätzen konnte, mit „This Machine Still Kills Fascists“ ihr bis dato politischstes Album auf, dessen Titel nicht nur ein plakativer Aufhänger ist. Beim 1967 verstorbenen Guthrie handelte es sich ja nicht um irgendwen, sondern um einen der wichtigsten US-amerikanischen Protestsänger, der spätere Folk-Musiker und -Musikerinnen wie Bob Dylan, Phil Ochs oder Joan Baez maßgeblich beeinflusste, die in den Sechziger Jahren Rassendiskriminierung und Krieg vehement anprangerten. Das besondere Augenmerk des Faschismus-Gegners Guthries galt aber einem gewissen Adolf Hitler und der Spruch „This machine kills fascists“, der in den Vierziger Jahren auf seiner Gitarre prangte, wurde sein unmissverständliches Markenzeichen, was in einem Song wie „Talking Hitler’s head off blues“ noch deutlicher wurde. Und so ist „Run Hitler run“ (schon jetzt mein Hit des Jahres) in seiner Direktheit eines der bemerkenswertesten Stücke auf dem neuen DROPKICK MURPHYS-Album „Okemah Rising“, die gelungene Fortsetzung von „This Machine Still Kills Fascists“ mit weiteren vertonten Guthrie-Texten, in dem es heißt: „Run Hitler, run, you’ll never get away / The fascist boys think they’re double tough / But they just ain’t tough enough“.
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