Wunderbar relaxter Retro-Sound, der gerade wegen des leicht schrägen Gesangs gewinnt, an den mancher sich vielleicht erst einmal gewöhnen muss, obwohl es durchaus geläufige Referenzen von ABWÄRTS bis PiL gibt, wo das Ganze ähnlich gelagert ist.
Frühe NDW wird dort zitiert, wo sie gerade aus dem Punk entwachsen ist, damals zusammen mit Post-Punk aber noch alles eins war. Die Differenzierung fand erst später statt, um Tonträger zu verkaufen, und ist daher eher hinderlich als hilfreich.
Die Zitate sind zahlreich, allerdings nicht mehr als kleine Metallsplitter im großen Kuchen, der sich bei DAF, viel ABWÄRTS, GEISTERFAHRER, S.Y.P.H., Neubauten und ein paar weiteren der kaputteren Zick Zack-Vertreter bedient, dem Ganzen eine große Portion Wiedererkennungswert und ein Händchen für kleine Perlen beigemischt.
Das Instrumentarium reicht von rein elektronisch, Saxophon, TripHop über exzessives Sampling bis zu klassisch besetztem Bandgefüge. Nicht irritieren lassen, das klingt überhaupt nicht zerfahren, sondern sehr gut durchdacht und so stimmig, dass sich die Aufbruchstimmung der frühen Achtziger absolut nachvollziehen lässt.
Textlich schimmert hier sogar ab und an HUMAN ABFALL-Klasse durch. Repetition, Raum für eigene Gedanken und unterbewusste Ergänzungen, die ein individuell anderes Bild ergeben. Wenn sich dann noch jemand die Mühe macht, bei der Platte mittendrin eine Endlosschliefe zu schneiden, dann weiß man, dass sich jemand mehr Gedanken gemacht hat als bis zur Tür des Übungsraumes.
Eine dieser ganz seltenen Ausnahmen, die aus einem weitgehend abgeernteten Acker immer noch etwas Neues herausholen kann.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #146 Oktober/November 2019 und Kalle Stille