„Why are you called THE DILS?“ – „Because it doesn’t mean anything.“ Perfekt, diese Antwort, die Chip Kinman von den DILS einst im Interview für das Slash-Magazin gab. THE DILS waren Ende der Siebziger eine der außergewöhnlichsten Punkbands in Kalifornien, schon weil sie die Punk-Klischees ablehnten, mit dem Begriff „New Wave“ kein Problem hatten und musikalisch bald über die Standards hinausgingen. Man trat mit Hammer und Sichel auf dem T-Shirt auf, bezeichnete sich in Zeiten des Kalten Kriegs als Sozialisten und verstand es auch sonst zu provozieren, etwa mit ihren Klassikern „I hate the rich“ und „Class war“. 1976 hatten die Brüder Chip und Tony Kinman aus Carlsbad, CA die Band gegründet, bis 1980 waren sie aktiv, ihre Debüt-7“ „198 Seconds Of The Dils“ kam 1977 auf What? Records, die „Class War“-7“ erschien dann im gleichen Jahr auf dem einflussreichen Label Dangerhouse. 1980 gab es noch eine 7“ namens „Made In Canada“, und das war dann auch der letzte Release zu Lebzeiten der Band, alles andere ist posthum. Die Kinmans machten zusammen mit Alejandro Escovedo weiter Musik, mit RANK AND FILE waren sie mindestens Miterfinder des Cowpunk-Genres. 2018 fanden die beiden Brüder für das Bandprojekt FORD MADOX FORD wieder zusammen, das Album „This American Blues“ erschien – und leider starb Tony am 04.05.2018 an Krebs. 2019 schließlich reaktivierte Chip die DILS, seitdem wurden ein paar Konzerte gespielt. 1987 veröffentlichte Triple X Records aus Los Angeles das Live-Album „Live!“, und dieses nun wurde von Steve Kravac auf seinem Label Porterhouse Records aus L.A. neu aufgelegt, besser gesagt wurden die diesem zugrundeliegenden Aufnahmen neu veröffentlicht, denn auch das Artwork ist neu. Zehn der Songs stammen aus dem Jahr 1980, in den Credits heißt es nur „circa 1980“, vier weitere Stücke auf der B-Seite werden mit „circa 1977“ beschrieben – wo und wann genau sie aufgenommen wurden, scheint bis heute niemand zu wissen. Im Detail bekannt ist das hingegen bei den zehn Songs der Bonus-CD: die stammen von einem Auftritt am 20.03.1978 im Mabuhay Gardens in San Francisco, einer Benefizshow für in Kentucky streikende Bergarbeiter unter dem Motto „New Wave Against Black Lung“ – bislang unveröffentlicht. Und da wiederum ist auch der Klassiker „I hate the rich“ dabei. Das Album kommt mit einem Beiblatt mit Linernotes vom damaligen THE DILS-Manager Peter Urban und diversen Fotos. Ein spannendes Stück Punk-Geschichte, liebevoll aufbereitet, jedoch in recht rougher Tonqualität. Wer hätte damals aber auch gedacht, dass sich 40+ Jahre später noch jemand für all das interessieren würde ...?
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #46 März/April/Mai 2002 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #164 Oktober/November 2022 und Joachim Hiller