Der historische Kriminalfall, der die Basis für Claude Autant-Laras schwarzhumorige und makabere Komödie „Die rote Herberge“ lieferte, dürfte außerhalb Frankreichs eher unbekannt sein. Die titelgebende Auberge Rouge befand sich in einer Gebirgsgemeinde im Südosten Frankreichs und wurde zwischen 1807 und 1833 für dreiundfünfzig Reisende zur Todesfalle, die von den Wirtsleuten umgebracht und ausgeraubt wurden.
Seit 1910 entstanden insgesamt vier Verfilmungen dieses Kriminalfalls, zuletzt 2007 von Gérard Krawczyk, die auch hierzulande auf DVD erschien. Zuvor widmete sich 1951 Claude Autant-Lara diesen schaurigen Ereignissen, der wohl vor allem wegen seines provokanten Filmdramas „Mit den Waffen einer Frau“ mit Jean Gabin und Brigitte Bardot aus dem Jahr 1958 bekannt ist.
In „Die rote Herberge“ ist mit Fernandel ebenfalls ein französischer Filmstar zu bewundern, der sich mit seiner Verkörperung des katholischen Priesters Don Camillo in den 50ern und 60ern unsterblich machte.
Auch in Autant-Laras Film spielt Fernandel einen Geistlichen (mit schrecklicher Fake-Tonsur), und zwar einen namenlosen Bettelmönch, der mit seinem Novizen in einer einsamen Herberge mitten in den Bergen unterkommt, ebenso wie eine Reisegruppe.
Als die Wirtsfrau dem Mönch ihre schrecklichen Taten beichtet (Stichwort Beichtgeheimnis), setzt dieser natürlich alles daran, die anderen Reisenden vor einem ähnlichen Schicksal zu bewahren.
In bester Grand Guignol-Tradition nimmt „Die rote Herberge“ menschliche Leichtgläubigkeit aufs Korn, attackiert aber auch auf respektlose Art die Kirche. Die aktuell erschienene Pidax-DVD besitzt eine zufriedenstellende Qualität, aber leider wieder keine Untertitel für die französische Originaltonspur dieses, seit seiner Erstaufführung 1953 in den deutschen Kinos bisher nur auf Arte ausgestrahlten Films.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #145 August/September 2019 und Thomas Kerpen