In den 50er Jahren zählte der 1992 verstorbene Jack Arnold zu den führenden Regisseuren im Bereich Science Fiction und drehte für die Universal Studios einige Filme, die bis heute Kultstatus besitzen, wie TARANTULA, DIE UNGLAUBLICHE GESCHICHTE DES MR.
C. (THE INCREDIBLE SHRINKING MAN) und DER SCHRECKEN VOM AMAZONAS (CREATURE FROM THE BLACK LAGOON). Bevor er dann vor allem im Fernsehbereich arbeitete, drehte Arnold 1959 auch noch die herrliche Peter Sellers Komödie DIE MAUS, DIE BRÜLLTE, die eine völlig andere Handschrift trug als seine vorherigen Genre-Filme.
Aufgrund der heutigen Sehgewohnheiten ist man oft versucht, Arnold in die Trash-Ecke zu schieben, aber übersieht dabei, dass seine Filme für die damalige Zeit sehr effektiv und stilvoll gemacht waren, selbst wenn sie relativ billig produziert wurden und selten länger als 80 Minuten waren.
Und so war sein DER SCHRECKEN VOM AMAZONAS immer einer der wenigen Filme, dem man den Mann im Gummikostüm gerne abkaufte, denn dieser Schrecken vom Amazonas war durchaus glaubwürdig, vor allem wenn der Kiemenmensch bei den zahlreichen exzellenten Unterwasserszenen in Aktion trat.
Natürlich war die grundsätzliche Geschichte komplett bei KING KONG geklaut, denn auch der Kiemenmensch ist auf die weiße Frau scharf, die zu einer Forschergruppe gehört, die sich im Amazonasgebiet herumtreibt.
In den Fünfzigern waren die Studios natürlich nicht anders als heute drauf und drehten gern Sequels von erfolgreichen Filmen, und so folgte ein Jahr später bereits DIE RACHE DES UNGEHEUERS (REVENGE OF THE CREATURE), der sich ebenfalls bei KING KONG bediente.
Denn diesmal wird der gefangene Kiemenmensch in ein Aquarium nach Florida als Publikumsattraktion geschafft, kann sich natürlich befreien und versetzt bei seiner erneuten Brautschau (diese Meeresbiologinnen sahen damals aber auch wirklich alle unverschämt gut aus) die Bevölkerung in Angst und Schrecken.
Gedreht war der Film in 3D – das merkt man auch in der normalen Fassung, da ständig irgendwas frontal auf einen zukommt –, und lustigerweise hatte ich ihn sogar mal in einem schäbigen Vorstadtkino in dieser Form mit komischer Brille ansehen können – die schrecklichen Kopfschmerzen danach werde ich nie vergessen.
DIE RACHE DES UNGEHEUERS ist sicherlich schwächer als der Vorgänger, aber Arnold konnte solch triviales Unterhaltungskino mit Monstern, Wissenschaftlern und Jungfrauen in Not in der Regel über das Mittelmaß hinausheben.
Heute mag man den Typen im Gummianzug vielleicht belächeln – manche taten es damals schon –, aber ein Film wie DIE RACHE DES UNGEHEUERS ist immer noch deutlich liebevoller gemacht als der Großteil des heutigen Kinoprogramms und besitzt wie viele alte Schwarzweiß-Streifen eine spezielle Atmosphäre, die es in dieser Form inzwischen nicht mehr gibt.
DAS UNGEHEUER IST UNTER UNS, eine weitere Fortsetzung von 1956, hätte man dann wirklich nicht mehr gebraucht, zumal sie auch nicht von Arnold gedreht worden war. In den Staaten erschienen alle drei Filme zusammen in einer Box, hierzulande teilen sich Universal und Koch die Rechte an Arnolds Filmen, die DIE RACHE DES UNGEHEUERS zusammen mit DER SCHRECKEN SCHLEICHT DURCH DIE NACHT und DAS UNGEHEUER IST UNTER UNS bereits als „Jack Arnold Monster Collection“ herausbrachten.
Inzwischen gibt es DIE RACHE DES UNGEHEUERS und DER SCHRECKEN SCHLEICHT DURCH DIE NACHT auch als Einzel-Discs. DER SCHRECKEN SCHLEICHT DURCH DIE NACHT (MONSTER ON THE CAMPUS) gehört dabei sicherlich zu Arnolds schwächeren Arbeiten dieser Zeit, eine Variation der „Dr.
Jekyll und Mr. Hyde“-Geschichte und in gewisser Weise ein Vorläufer von Ken Russells DER HÖLLENTRIP (ALTERED STATES). Darin verwandelt sich der College-Professor Donald Blake durch eine Infektion an einem vorzeitlichem Fisch in ein Monster, braucht aber ziemlich lang, um drauf zu kommen, dass er der Mörder ist, der auf dem Campus sein Unwesen treibt, was zum generell unfreiwilligen Humor des extrem unterhaltsamen Films beiträgt.
Aufgrund des Originaltitels hätte man vielleicht erwartet, dass das Monster verstärkt Jagd auf junge Studentinnen macht, aber auch so ist DER SCHRECKEN SCHLEICHT DURCH DIE NACHT in jedem Fall ein schönes Beispiel für (unfreiwillige) Camp-Ästhetik und dementsprechend sehenswert.
Ist bei DIE RACHE DES UNGEHEUERS qualitativ alles in bester Ordnung (es gibt sogar einen Audiokommentar von Darstellerin Lori Nelson und zwei Filmhistorikern), muss man bei DER SCHRECKEN SCHLEICHT DURCH DIE NACHT - der ein nettes Kurz-Feature über Arnold als Bonus hat - leider anmerken, dass das Master nicht so der Hit ist.
Zum einen ziemlich gelbstichig, zum anderen stimmt das Bildformat nicht, denn Arnolds Filme waren zu dieser Zeit alle in 4:3 gedreht. Was nützen einem die schönsten schwarzen Balken oben und unten, wenn dadurch jede Menge Bildinformationen flöten gehen? Leider halten sich sich auch bei DIE UNGLAUBLICHE GESCHICHTE DES MR.
C. hartnäckig dumme Gerüchte, der Film sei in Cinemascope gedreht worden, was völliger Blödsinn ist, denn selbst die winzigen schwarzen Balken der aktuellen Universal-DVD sind nur dem Umstand geschuldet, dass offenbar bereits das Kameranegativ nur in dieser „Hard matted“-Form vorlag.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #87 Dezember 2009/Januar 2010 und Thomas Kerpen