Gut 1.700 Minuten, verteilt auf 14 DVDs, wenn das nicht mal wie eine Drohung klingt. Im Fall von DIE MUNSTERS allerdings eine recht liebenswerte Drohung, handelt es sich hier doch um echtes Kleinod des amerikanischen TV-Schaffens der Sechziger, das allerdings zu Lebzeiten eine erstaunlich geringe Einschaltquoten hatte und bereits nach zwei Jahren wieder abgesetzt wurde.
Der Kultstatus von DIE MUNSTERS entwickelte sich wie so oft erst wesentlich später. Ähnlich erging es übrigens auch der nur mit einer Woche Abstand gestarteten Konkurrenz-Serie THE ADDAMS FAMILY, basierend auf den morbiden Cartoons von Charles Addams, die fast zeitgleich zwei Jahre später ihr Ende fand, aber dann eine Wiedergeburt durch eine höchst gelungene Spielfilm-Adaption Anfang der Neunziger erlebte.
Ähnlich wie in THE ADDAMS FAMILY ging es auch in DIE MUNSTERS um die satirische Umkehrung des Ideals der perfekten amerikanischen Familie. Gleichzeitig machten sich die Universal Studios auch noch einen Spaß daraus, ihre eigene Vergangenheit als wichtigste Produktionsstätte der klassischen Monsterfilme der 30er und 40er Jahre auf den Arm zu nehmen.
Denn nicht ohne Grund sind Herman Munster (Fred Gwynne), sein Sohn Eddie und der Großvater (Al Lewis) dem Frankenstein-Monster, Wolfsmenschen und Dracula nachempfunden. Frau Lily (Yvonne De Carlo) orientiert sich hingegen an einer weniger klassischen Gestalt, denn die Vampirin Vampira aus den Fünfzigern war ebenfalls schon eine Erfindung aus den Sphären von Camp und Trash.
Nur Tochter Marilyn, die bereits nach 13 Episoden durch eine andere Darstellerin ausgetauscht wurde, sah eigentlich ganz normal aus und entsprach wohl dem damaligen Schönheitsideal der sexy Blondine, war aber innerhalb der Familie Munster natürlich völlig aus der Art geschlagen.
Die hausen zusammen mit einem nie in Gänze auftauchenden Hausdrachen in einem imposanten viktorianischen Anwesen, das natürlich in bester Gothik-Spukhaus-Tradition mit Spinnweben und Staub herausgeputzt worden war, auf jeden Fall ein Indiz für das relativ hohe Budget der Serie.
Handelte es sich bei der Familie Addams um wohlhabende Exzentriker, haftete den Munsters eher etwas „Working class“-haftes an, zumal Herman Munster Angestellter eines Beerdigungsinstituts ist.
Letzteres gibt auch Aufschluss über den grundsätzlichen Humor der Serie, der nicht sonderlich intellektuell ist, bisweilen sogar recht infantil, aber durchaus mit sehr amüsanten Wortspielen aufwartet, deren Feinheiten in der deutschen Synchronisation natürlich wie so oft verloren gingen.
Interessanterweise konnte man DIE MUNSTERS in den Siebzigern beim österreichischen Fernsehen noch im Original bewundern, erst wesentlich später in den Neunzigern entstand dann auch noch eine deutsche Synchronisation, die sicherlich ihre Licht- und Schattenseiten hat, ohne dass man gleich von Vergewaltigung sprechen müsste.
Bei vielen Serien dieses Alters wird ja immer gerne ein Nostalgiefaktor angeführt, um zu entschuldigen, dass man so etwas Angestaubtes noch gut findet. Allerdings hat sich der Charme von DIE MUNSTERS bis heute sehr gut erhalten, was sicherlich an der schon angesprochenen liebevollen und aufwändigen Umsetzung liegt.
Wer auch nur ansatzweise einen Draht zu den klassischen Filmmonstern hat, müsste sich nach wie vor köstlich über diesen parodistischen Umgang mit den bekannten Zutaten des Horrorkinos amüsieren können.
Alleine schon wegen Fred Gwynne und Al Lewis und ihrer unnachahmlichen Darstellung des Frankenstein-Monsters und Dracula. Der Running Gag bei dieser Serie ist natürlich, wie die Normalsterblichen auf die schräge Monster-Familie reagieren, die sich selbst ja ebenfalls für vollkommen normal hält und dementsprechend verwirrt die extremen Reaktionen ihrer Mitmenschen quittiert, wenn diese die Munsters zu Gesicht bekommen.
Nach wie vor ein großer Spaß, der auch hinsichtlich Bild und Ton (der englische Originalton liegt sogar komplett deutsch untertitelt vor) auf DVD richtig gut aussieht. Neben allen 70 Schwarz-Weiß-Episoden gibt es als Extra noch die nie ausgestrahlte farbige Pilotfolge, neben längeren Featurettes über Fred Gwynne, Yvonne de Carlo und Al Lewis.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #99 Dezember 2011/Januar 2012 und Thomas Kerpen