Schaut man sich das Remake von CLASH OF THE TITANS an oder PERCY JACKSON AND THE OLYMPIANS, scheint griechische Mythologie wieder im Trend zu liegen. Da kann man sich auch mal wieder einem vermeintlichen Klassiker zuwenden, in Gestalt von Mario Camerinis ULISSE.
Basierend auf den Werken des Dichters Homer, produziert vom einflussreichen wie viel geschmähten Dino de Laurentiis, mit Kirk Douglas und Anthony Quinn in den Hauptrollen. Wir erinnern uns: Odysseus war der König der kleinen Insel Ithaka, der nach dem Ende des zehnjährigen Trojanischen Krieges weitere zehn Jahre umherirrte, während sich seine Frau Penelope aufdringlichen Freiern erwehren musste, die sie zwingen wollten, einen von ihnen zu heiraten, da ihr Mann offensichtlich tot sei.
Der kehrte dann allerdings irgendwann unerkannt als Bettler zurück und richtete unter den Freiern ein hübsches Massaker an. Auch bei Camerini der Höhepunkt des Films, eine immer noch erstaunlich gewalttätige Szene für einen Film aus dieser Zeit.
Bis es dazu kommt, stehen natürlich die allseits bekannten Irrfahrten des Odysseus im Mittelpunkt (das Synonym Odyssee ist ja im Sprachgebrauch fest verankert), der dabei mit seinen Gefährten dem menschenfressenden Zyklopen Polyphem begegnet, den sie durch eine List blenden können.
Danach landet er auf der Insel der Zauberin Kirke (oder auch Circe), die seine Gefährten in Schweine verwandelt und Odysseus durch einen Zauber „bezirzt“ (noch so ein Synonym, was würde man ohne die ollen Griechen nur machen), ein Jahr bei ihr zu bleiben, bis ihm bei einer Begegnung im Hades seine verstorbene Mutter wieder auf den rechten Weg bringt.
Und natürlich nicht zu vergessen die Begegnung mit den Sirenen, die Seefahrer durch ihren Gesang in den Tod locken. Das ist zwar noch nicht alles, was bei Homer passierte, aber eine Laufzeit von gut 100 Minuten und die damalige Tricktechnik setzten dem Ganzen natürlich Grenzen, vor allem was diverse Seeungeheuer betrifft.
Und eigentlich ist der Zyklop mit seinem ziemlich bescheiden aussehenden Auge das einzige Monster, was man zu Gesicht bekommt. In der Spezialeffekte-Abteilung wird einem hier nicht viel geboten, ein THE 7TH VOYAGE OF SINBAD ist ULISSE sicher nicht.
Dafür hat Camerini die verschachtelte Erzählweise Homers beibehalten, mit ihren Parallelhandlungen und Rückblenden. Ansonsten ist ULISSE eher ein klassischer Sandalenfilm, in dem Kirk Douglas mit dezent tragischer Note überwiegend den großen Zampano raushängen lässt, der nicht gerade ein Ausbund an Bescheidenheit und Selbstreflexion ist.
Es gibt sicherlich Filme, die besser als ULISSE gealtert sind, Charme und Atmosphäre besitzt das Ganze aber dennoch, wenn man in der richtigen Stimmung für nostalgische Filmerlebnisse dieser Art ist.
Interessant ist auf jeden Fall, dass der große Mario Bava an ULISSE beteiligt war (allerdings mal wieder uncredited), und ich würde jede Wette eingehen, dass der die Szenen mit Circe und im Hades inszeniert hat, denn die surreale Ausleuchtung und Farbgebung zeigt deutlich dessen typische Handschrift.
Vor einigen Jahren gab es von e-m-s bereits zwei DVD-Versionen des Films, ob die neue von Colosseo die definitive ist, sei mal dahingestellt. Zumindest wird mit „digitally remastered“ geworben und „ungekürzte Fassung“.
Mehrwert schafft auf jeden Fall eine bessere Ton- und Bildqualität und vor allem die ungefähr um zehn Minuten längere Version auf der zweiten Disc, die aufgrund der zusätzlichen Szenen aus einer irgendwo aufgetauchten alten Kinokopie ein schwankendes Qualitätsniveau besitzt.
Zumindest sieht man sofort, was neu ist. Zwar nichts wirklich spektakuläres, trotzdem schön, dass der Film dadurch mal in vollständiger Form erhältlich ist. Auf Disc 1 befindet sich neben der bekannten kürzeren Fassung auch noch eine Doku über den Film, und italienische und englische Tonspuren mit deutschen Untertiteln sind ebenfalls vorhanden – wie sich das gehört.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #89 April/Mai 2010 und Thomas Kerpen