„Die Einkaufsrevolution“ ist zwar schon 2006 erschienen, das Buch hat aber nichts von seiner Aktualität verloren – im Gegenteil. Die häßliche Fratze des Kapitalismus und seiner Auswirkungen ist gegenwärtiger denn je.
Betroffen davon ist nahezu jeder Lebensbereich, ob Ernährung, Kleidung, Alltagstechnik wie Handys und Computer, unser Geld und das, was mit ihm finanziert wird. Worum geht es also in dieser Lektüre? Jeden Tag treffen wir Kaufentscheidungen und jeden Tag haben wir die Möglichkeit selbst zu entscheiden, wem wir unser Geld geben.
Wer möchte nicht, dass diejenigen ordentlich bezahlt werden, die unsere Klamotten in Billiglohnländern anfertigen und dass soziale Mindeststandards eingehalten werden? Habt ihr zum Beispiel gewusst, dass lediglich 1,5-2% des Ladenpreises von Markensportschuhen als Lohnkosten für die Herstellung der Schuhe anfallen? Das sind bei Turnschuhen, die 100 Euro kosten, gerade mal zwei Euro.
Der Anteil für den Arbeitslohn ist so gering, dass faire Preise und Löhne kaum ins Gewicht fallen würden. Trotzdem drücken die Konzerne die Preise weiter. Tanja Busse dazu: „Die neue Weltwirtschaftsordnung des globalisierten Freihandels erlaubt es den Unternehmen, die weltweite Arbeitsteilung zu nutzen, ohne sich einer weltweiten Verantwortung zu stellen.“ Kann man Converse Allstars Chucks also noch ruhigen Gewissens kaufen, die mittlerweile zu Nike gehören? Spätestens seit dem Film „We feed the world“ wissen wir, wie es um die Lebensmittelindustrie bestellt ist; es geht alles nur noch „in groß“.
Klar, wir wollen das alles nicht, hätten gerne den idyllischen Bauernhof auf dem Land, wo es allen gut geht, aber die Milch soll schließlich nur 59 Cent kosten. Ein anderes Unding ist die Sache mit der Hühnerbrust.
Da in großen Teilen Europas bevorzugt nur dieser Teil des Huhns gegessen wird, muss mit dem Rest etwas anderes passieren. Der geht dann beispielsweise tiefgefroren nach Kamerun, wo er den lokalen Frischfleisch-Markt komplett zerstört, da das TK-Zeug um einiges billiger ist und sich so Fleisch wirklich jeder leisten kann; fragt sich nur, zu welchem Preis.
An dem Zustand des ehemals tiefgefrorenen Fleischs aus Europa möchte ich gar nicht erst denken. Nicht von ungefähr machte es bis dato Sinn, in einem afrikanischen Land das Tier lebend zu verkaufen, denn nur so können Krankheiten, die durch mangelnde Kühlmöglichkeiten entstehen, vermieden werden.
Die Folgen dieser Fleischverschiebung sind also vorprogrammiert. Und das alles nur, weil westliche Länder nur die angeblichen Filetstücke eines Tieres essen wollen. Was für eine perfide Scheiße.
Und das sind nur zwei Beispiele aus diesem Wirtschaftskrimi, der vor mir liegt. Dieses Buch muss jedeR gelesen haben, dem nicht egal ist, was auf dieser Welt passiert. Es ist ein Plädoyer für die Abstimmung mit dem Einkaufswagen, denn ob wir es wahrhaben wollen oder nicht, auch wir als Konsumenten tragen Verantwortung für das, was wir beim kaufen anrichten.
Die Frage, die sich stellt ist aber nicht nur: wie kaufe ich verantwortungsbewusst, sondern auch: brauchen wir das wirklich alles, was wir kaufen?
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #88 Februar/März 2010 und Uschi Herzer