DIE CHRONIKEN VON ERDSEE

Es ist wohl kaum verwunderlich, dass der Name Miyazaki bei einem Animationsfilm eine bestimmte Erwartungshaltung erzeugt, selbst wenn es sich nicht um Hayao handelt, sondern nur Sohn Gorô. DIE CHRONIKEN VON ERDSEE ist dessen Regiedebüt, natürlich produziert in den Ghibli-Studios und basierend auf Ursula K.

Le Guins legendärem "Erdsee"-Zyklus, der oft in einem Atemzug mit Tolkiens "Herr der Ringe" genannt wird. Von dieser inhaltlichen Epik merkt man in Gorô Miyazakis 115-minütiger, von unendlichen Dialogen geprägten Schlaftablette allerdings nicht viel, zumindest nicht, wenn man nicht gerade ein Kenner der Romane von Le Guin ist, die hier auch nicht originalgetreu umgesetzt wurden, ganz im Gegenteil und was der Autorin offenbar auch gar nicht gefiel.

Zeichnerisch bewegt sich Gorô auf dem Level von NAUSICAÄ (1984), einem Frühwerk seines Vaters, also nette Heidi-Charaktere in einem naturalistischen Setting, was DIE CHRONIKEN VON ERDSEE zumindest in visueller Hinsicht eine gewisse Berechtigung verschafft, wenn sich schon nicht die von Ghibli-Produktionen gewohnte Magie einstellen will.

Es gibt darüber hinaus aber nichts, was den Zuschauer irgendwie fesseln könnte: kein subtiler Humor, kein Mysterium, keine spektakulären Action-Szenen oder zumindest Dialoge, die eine tiefergehende philosophische Ebene besitzen würden.

Und auch die Musik von Tamiya Terajima kann sich nicht mit der eines Joe Hisaishi messen, der an den meisten Hayao Miyazaki-Filmen beteiligt war. Ganz offensichtlich hat sich hier ein junger unerfahrener Regisseur an einer Literaturvorlage übernommen, deren Umfang man auch nur schwer in einen knapp zweistündigen Film pressen konnte.

Schwer zu sagen, ob es der Papa besser gekonnt hätte, der seinem Sohn allerdings nicht wirklich einen Gefallen mit diesem Projekt getan hat, der im besten Falle dabei seinen Vater recht oberflächlich imitiert.

Man muss leider sagen, dass es mehr Sinn macht, sich noch mal PRINZESSIN MONONOKE oder einen anderen Hayao Miyazaki-Film anzuschauen, als sich durch diesen zähen, inhaltlich konfusen Zeichentrick-Klotz zu kämpfen, der selbst für ein erwachsenes Publikum schwer durchzustehen ist.