In Brasilien gibt es den alten Glauben, dass ein Baby sich seine Eltern aussuchen würde. Tatsächlich hat sich diese Idee mittlerweile ins Gegenteil verkehrt: „Ich frage mich, wieso es solche Kinder heutzutage überhaupt noch gibt, bei all den Untersuchungen, die in der Schwangerschaft gemacht werden“ – Eltern suchen sich ihr Kind aus.
Ultraschall, Nackentransparenzmessung – auch Autor Fabien Toulmé und seine Frau Patricia setzen vor der Geburt ihrer zweiten Tochter Julia voll und ganz auf die Pränataldiagnostik. Da alle Untersuchungen ohne Befund bleiben, schließt der werdende Vater, der panische Angst davor hat, Vater eines behinderten Kindes zu werden, innerlich schon mit diesem Kapitel ab und freut sich auf ein gesundes, „normales“ Baby.
Doch – man ahnt es schon – bald nach Julias Geburt wird festgestellt, dass etwas nicht stimmt. Neben einem angeborenen Herzfehler wird Toulmés persönlicher Albtraum („Ich finde Trisomiekinder nicht besonders süß, eher hässlich“) wahr: Julia hat das Down-Syndrom.
Überfordert von dieser Diagnose fahren die Gefühle der auf diese Situation völlig unvorbereiteten Eltern Achterbahn. Wie sehr, spiegelt sich auch in der jeweils unterschiedlichen unifarbenen Kolorierung der Kapitel, eigentlich eher ausschnitthafte Episoden von sehr schwankender Länge, wider.
Eine hochemotionale autobiografische, teilweise fast schmerzhaft aufrichtige Graphic Novel zu einem sensiblen Thema. Mit gutem Ende: Schrittweise finden sich alle Beteiligten in und mit der neuen Situation zurecht.
Auch Toulmé selbst kann nach einem mehr als stotternden Start dem anfänglichen „Dich hatte ich mir anders vorgestellt...“ doch noch ein versöhnliches „...aber ich bin trotzdem froh, dass du da bist“ hinzufügen.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #123 Dezember 2015/Januar 2016 und Anke Kalau