Satire benötigt einen Gegenstand, an dem sie wirken kann. Bei „Deutsch für den Ausländer“ betrifft dies nicht nur den Inhalt, sondern auch die Form. Jeder kann sich noch an die vollgekritzelten Lehrbücher erinnern, die einem eine Fremdsprache eintrichtern sollten und dazu das Bild eines Landes zeichneten, das spätestens mit dem ersten Schüleraustausch tiefe Risse erhielt.
In solche Verlegenheiten entlassen Florian Lamp und Johannes Heldrich, der für die fantastischen Illustrationen verantwortlich ist, die Lernwilligen nicht. Schließlich bereitet einen hier die Familie Schmidt – adipös, prekär, gelegenheitskriminell, dem Drogenmißbrauch zugetan und mit sozialdarwinistischen und rassistischen Idealen ausgestattet – deutlich realitätsnäher auf Deutschland vor.
In den sogenannten „Bonus Tracks“ zwischen den Lerneinheiten gibt es zudem reichlich Insiderinformationen, in denen Realität und Fantasie so übertrieben vermischt werden, dass niemand mehr überrascht werden kann.
Oft ist das ziemlich zotig und derb; wer sich an soviel Analfixierung stört, darf dann aber aus „der Holocaust“ und „der Leugner“ ein zusammengesetztes Wort bilden. Natürlich wird man dieses Werk vor allem dann in seiner ganzen Absurdität genießen können, wenn man des Deutschen bereits mächtig ist.
Doch mit meinem Exemplar lernt mittlerweile wirklich jemand Deutsch, der sich freut, dass endlich ein Lehrbuch die wirklich wichtigen Vokabeln vermittelt. So erkundigt man sich neuerdings nicht mehr in gestelztem Deutsch nach meinem Wohlbefinden, sondern berichtet von dem „Fickgesicht“ mit der „ekelhaften Rotzbremse“.
Ein Spaß für Deutsche und Ausländer zugleich.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #95 April/Mai 2011 und Simon Brüggemann