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DER MANN VON DER CIGURI

Moebius

Wo genau zauberte der 2012 verstorbene Moebius seine verworrenen surrealen Handlungsfetzen eigentlich her, fragt man sich angesichts dieser irren Mischung aus verschiedenen abstrusen und in sich verwobenen Welten, unvorhersehbaren Wendungen und zahlreiche Metamorphosen. Moebius scheint die Antwort darauf selbst nicht so genau zu wissen und gibt sich textimmanent selbstkritisch und -ironisch: „Der besagte Mann hatte enorme Schwierigkeiten, den Handlungsstrang wiederzufinden.“ Mal verschwindet im Panel die räumliche Ebene komplett, mal verabschieden sich nur die Panelränder, mal steigen Figuren förmlich von einer in die andere Handlungsebene, immer aber bleibt das Ganze vollkommen unberechenbar und überraschend. „Es ist irrsinnig weitschweifig ... das übliche philosophisch-metaphysisch-spiritualistische Gebrabbel, gewürzt mit debilen Pennäler-Witzen ...“, fasst Moebius es zusammen. Ja, oder etwas positiver ausgedrückt ist „Der Mann von der Ciguri“ eine Art visuelles Pendant zu frühen TANGERINE DREAM-Alben: Ein zu bunten Bildern gewordener Bewusstseinsstromrausch ohne echten Anfang und erst recht ohne Ende. Geschaffen hat Moebius den Band 1993/94 und damit noch vor seinem selbstverordneten Weed-Entzug zu Beginn der Nuller Jahre (nachzulesen im bisher nicht in deutscher Übersetzung veröffentlichten tagebuchartigen Mehrbänder „Inside Moebius“), ein Einfluss oben genannter Substanz bei der Entstehung des Handlungsverlaufs ist daher anzunehmen. Cosmic-Ambient-Comic also. Oder psychedelische Krautpanels. Oder so. Martin Budde versucht abschließend in einem Nachwort die Unmöglichkeit einer in sich schlüssigen Zusammenfassung. Gewagt. Denn daran wäre sogar Moebius selbst vermutlich kläglich gescheitert.