Mit seinem Spielfilmdebüt „The Witch“ gelang Robert Eggers 2015 einer der originellsten Horrorfilme der letzten Jahre, ein um eine möglichst geschichtstreue Darstellung bemühter Okkult-Thriller mit dichter Atmosphäre und psychologischer Dimension, der ohne klassische Monster auskam. Bestach „The Witch“ durch eine sehr naturalistische Inszenierung, griff Eggers für die hypnotische und halluzinatorische Geschichte seines neuen, inzwischen auf DVD und Blu-ray erhältlichen Films „Der Leuchtturm“ auf die Schwarzweiß-Ästhetik der Filme der 1930er Jahre zurück, zwischen Gothic-Horror und deutschem Expressionismus. Visuell gehört „Der Leuchtturm“ neben „Midsommar“ sicherlich zu den stilvollsten Filmen der letzten Jahre, dürfte aber noch mehr als „The Witch“ (trotz der fast schon zu deutlichen Auflösung) bei den meisten Zuschauern ein großes Fragezeichen hinterlassen. Willem Dafoe und Robert Pattinson spielen darin die beiden Leuchtturmwärter Tom Wake und Ephraim Winslow, die Ende des 19. Jahrhunderts auf einer kleinen felsigen Insel an der Spitze Nova Scotias mehrere Wochen in völliger Isolation miteinander verbringen müssen. Vor allem für Winslow wird das zum Problem, als sich die geplanten vier Wochen, die er dem älteren Leuchtturmwärter als Gehilfen dienen sollte, durch einen Sturm auf unbestimmte Zeit verlängern und die durch regen Alkoholkonsum verstärkten Spannungen zwischen den beiden immer mehr zunehmen, bis zur erwartbaren Eskalation. Letztendlich ist „Der Leuchtturm“ ein psychologisches Kammerspiel mit einigen verstörenden Gewaltspitzen über die Folgen von extremer Isolation. Dabei beschreibt Eggers aber auch, ganz in der Tradition von H. P. Lovecraft, das Abdriften vor allem eines der beiden Protagonisten in den Wahnsinn, der von bizarren Bildern von Meerjungfrauen und Krakenwesen gequält wird.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #150 Juni/Juli 2020 und Thomas Kerpen