Der inzwischen 80-jährige Carlos Ray „Chuck“ Norris ist zweifelsohne eine der Ikonen des Action-Kinos der 70er, 80er und 90er Jahre, nicht zuletzt wegen zahlreicher Produktionen der Low-Budget-Filmschmiede Cannon Films wie der dreiteiligen Kinofilmreihe „Missing in Action“. Es gibt sogar eine idiotische Chuck-Norris-Witzkultur. Kostprobe gefällig? Chuck Norris war bereits auf dem Mars. Das ist der Grund dafür, warum es dort kein Leben mehr gibt ... Chuck hatte seine erste Hauptrolle 1977 in „Breaker, Breaker“, davor hatte er sich 1972 in „Die Todeskralle schlägt wieder zu“ mit Bruce Lee geprügelt und war Kampfsportlehrer für Steve McQueen und andere Hollywoodschauspieler. Mal abgesehen von dem fragwürdigen Niveau vieler seiner patriotisch-reaktionären Selbstjustiz-Streifen möchte man mit dem Herrn nicht allzu viel zu tun haben, denn Norris ist konservativer evangelikaler Christ und Trump-Fan. Über seinen Film „Der Gigant“ – der Originaltitel „An Eye For An Eye“ macht die Selbstjustiz-Thematik deutlicher – schrieb die Zeitschrift Cinema damals: „Spätestens nach der zehnten Keilerei wird man des tumben Spektakels, das sämtliche Stereotypen des Kampfsportgenres plattwalzt, müde. Schade um beliebte Schauspielstars wie Christopher Lee oder Richard Roundtree.“ Das Enttäuschendste am von Steve Carver – der bei Roger Corman sein Handwerk lernte und 1974 mit Pam Grier „The Arena“ drehte – routininiert inszenierten „Der Gigant“ dürfte sein, dass die Kampfsportkünste von Norris hier genauso wenig überzeugend wirken wie die von Steven Seagal in den meisten seiner Filme. „Der Gigant“ erschien jetzt das erste Mal auf Blu-ray in zwei Mediabook-Editionen in sehr guter Qualität und mit überschaubarem Bonusmaterial. Eine überwiegend zahme Angelegenheit mit 70er-Jahre-Restcharme, die Norris-Fans dennoch erfreuen dürfte.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #150 Juni/Juli 2020 und Thomas Kerpen