Der deutsche Zeichner Reinhard Kleist hat sich schon seit einer Weile mit seinen Comic-Biografien eine eigene Nische geschaffen, und konnte bereits mit „Cash“ und „Castro“ zwei Arbeiten vorlegen, die sich hinter reinen Text-Biografien nicht zu verstecken brauchten.
Inzwischen gibt es mit „Der Boxer“ eine weitere Lebensgeschichte in Comicform aus der Feder von Kleist. Da ich nicht gerade der größter Kenner des Boxsports bin, hatte ich vorher noch nie etwas von Hertzko Haft gehört.
Aber gute Geschichten sollte einen auch über bestimmte Genres hinaus interessieren können, wie im Bereich des „Sportfilms“ etwa Scorseses „Wie ein wilder Stier“ oder Michael Manns „Ali“. Basierend auf dem Buch „Eines Tages werde ich alles erzählen“ von Alan Scott Haft, dem Sohn von Hertzko Haft (der dieses Buch erst nach dem Tod des Vaters im Jahr 2007 schrieb), liefert einem Kleist hier mit seinen typischen, leicht expressionistischen Zeichnungen die Überlebensgeschichte des jüdischen Boxers Hertzko Haft.
Grundsätzlich neue Erkenntnisse hinsichtlich der Judenvernichtung und dem Charakter der Nazi-Diktatur ergeben sich dadurch zwar nicht, aber die individuelle Geschichte von Haft fügt dem menschenverachtenden, perfiden Treiben der so genannten „Herrenmenschen“ eine nicht weniger erschreckende Facette hinzu, die gleichermaßen wütend wie traurig macht.
Denn Haft wurde im KZ Auschwitz-Birkenau zum Boxer ausgebildet und musste vor den Wachmannschaften Schaukämpfe auf Leben und Tod austragen, was ihm letztendlich das Leben rettete, ihn aber auch zu einem gewalttätigen und jähzornigen Mann machte, unter dem besonders sein Sohn zu leiden hatte, ohne zu wissen, woher die psychischen Probleme seines Vaters stammten.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #105 Dezember 2012/Januar 2013 und