Konzentrieren wir uns wieder auf das Wesentliche. Nachdem DEFEATER 2012 in hitzige Diskussionen verwickelt worden waren wegen, wie sich später herausstellte, missverständlicher und missverstandener Äußerungen zur Wertschätzung amerikanischer Soldaten, gab Gitarrist Jay Maas im Ox-Interview seiner Verwunderung Ausdruck über den Shitstorm, der über seine Band hereinbrach: „Ich war völlig verblüfft, als ich merkte, dass egal, wie wir reagieren, es gegen uns ausgelegt werden würde.
Man hat das Gefühl, alles ist vorbei.“ Nun ist das Gewitter vorüber, die Positionen sind dargelegt (Jay: „In keinster Weise hatten wir die Absicht, irgendwie nationalistisch rüberzukommen, und jeder, der uns privat kennt, kann bestätigen, dass wir so nicht drauf sind.“), und man kann sich wieder auf das konzentrieren, worum es wirklich geht: um das neue Album einer herausragenden Hardcore-Band mit außergewöhnlicher, eigenwilliger Musik und einem spannenden thematischen Gesamtkonzept.
Sänger und Texter Derek erzählt seit dem ersten Album „Travels“ (2008) eine Familiensaga, angesiedelt in den Vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts, gibt die Erlebnisse zweier Brüder wieder sowie die von deren Vater.
Die Geschichte der Brüder war mit „Empty Days & Sleepless Nights“ (2010) abgeschlossen, auf „Letters Home“ geht es nun um dem Vater, der als Soldat im Zweiten Weltkrieg war und, daher der Titel und das von Derek authentisch umgesetzte Cover-Artwork, Briefe an die Familie zuhause schrieb.
Inspirieren ließ er sich dabei vom Leben seiner beiden Großväter, die beide im Zweiten Weltkrieg kämpften. Derek sieht das Album musikalisch als Rückkehr zu „Travels“-Album und „Lost Ground“-EP, und so zelebrieren DEFEATER hier, was sie stilprägend beherrschen: prägnante Wechsel zwischen lauten und leisen Passagen.
Es ist das erste eigene Album, das Jay Maas in seinem neu eingerichteten Studio aufgenommen hat: „Ich wollte, dass es einfach richtig gut wird [...]. Es ist ja auch die Visitenkarte, um zu zeigen, was ich so drauf habe.“ Eine nicht geringe Herausforderung also, dem eigenen hohen Anspruch genügen zu müssen, und das noch mit der Erschwernis, dass „Letters Home“ die erste Aufnahme mit dem (nicht mehr ganz so) neuen Drummer Joe Longobardi ist.
„Meine Songwriter-Fähigkeiten und sein Kompositionsgeschick ergänzen sich hervorragend, die sind das Fundament des neuen Albums“, sagt Jay dazu. Und so ist das dritte Album von DEFEATER möglicherweise nicht nur Jays Meisterstück als Produzent, sondern auch der beste Output der Band überhaupt, die hier ihr Konzept der Kombination von schleppendem, wuchtigem Hardcore mit markantem, monotonem Sprechgeschreigesang (sic!), das in den letzten Jahren ja von so mancher Band nachgeahmt wurde, perfektioniert haben.
Highlights des zehn Songs umfassenden Albums sind der mitreißende, ideale Konzert-Opener „Bastards“, der schon beim ersten Hören für sich einnimmt, aber gerade auch der letzte Track, „Bled out“.
Mit knapp sieben Minuten Spielzeit hat der schon aus formalen Gründen Post-Rock-Charakter, es ist aber auch der flächige Sound mit einer monströsen Breitwand-Gitarre, die schwer an PINK FLOYD erinnert.
(Diese Band war auf der Ox-CD #109 zu hören.)
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