Dave Larson

THE EDGE OF QUARREL DVD

Endlich hat sich jemand dieses Filmes angenommen: 1999 in den USA auf Excursion Records aus Seattle erschienen, entdeckte ihn vor ein paar Jahren Daniel vom Trust und kümmerte sich etwas um die Promotion, doch erst jetzt haben die Jungs von Sunny Bastards aus Essen, die sich derzeit zu so was wie dem ersten deutschen Punkmovie-Label entwickeln, eine deutsche DVD des, äh, Straight Edge vs.

Punkrock-Dramas veröffentlicht, mit deutschen und englischen Untertiteln. Die Story: Brian (exzellent und sehr sympathisch gespielt von Rocky Votolato, ex-WAXWING) hat die übliche Selbstfindungsphase hinter sich, kehrt nach dem Studium von einem längeren Europa-Aufenthalt in seine Heimatstadt zurück und findet die vor vier Jahren noch blühende Szene dort zerstört vor: Alles dreht sich nur noch um den Konflikt zwischen Punks auf der einen und Straight Edgern auf der anderen Seite, und zudem sind die Meinungsführer auf beiden Seiten die einst engsten Freunde von Brian.

Die beiden Szenen hassen sich, die einen sehen in den anderen wahlweise dauerbesoffene Penner oder reiche Vorstadt-Kinder, man haut sich zunehmend derber aufs Maul und es scheint nur eine Frage der Zeit, wann es den ersten Toten gibt.

Brian, der sich eigentlich auf ein Wiedersehen mit den alten Freunden gefreut hat, findet sich stattdessen als weltoffener, durch seinen Europaaufenthalt und die dortige offenere Szene geprägter Straight Edger mit Punker-Herz zwischen den Fronten wieder und versucht zu vermitteln - ohne Erfolg.

Das Drama nimmt seinen Lauf, der Hass wird immer größer, doch bei der großen Keilerei geht's plötzlich gemeinsam gegen die Rednecks. Ein Happy-End? Regisseur Dave Larson lässt das offen, stattdessen macht sich Brian mit seiner alten Freundin Rachel (und der von Jason, gespielt von John Pettibone von UNDERTOW, und Chance, gespielt von Dann von den MURDER CITY DEVILS) davon und lässt die beiden Kontrahenten, des möglichen Streitobjektes beraubt, dumm aus der Wäsche schauen.

Man sieht, da wurde ein ganz klassisches Thema - ich sage nur "West Side Story" - auf "unsere" Szeneverhältnisse adaptiert, aber das Spielchen ist immer das Gleiche: Stolz, Eifersucht, Vorurteile und Intoleranz lassen kleine Differenzen zu massiven Konflikten anwachsen, große Egos schaffen große Probleme.

"The Edge Of Quarrel", betitelt in Anspielung auf das (fast) gleichnamige CRO-MAGS-Album, ist ein mit einfachen Mitteln auf Hi8-Video in Schwarzweiß gedrehter Film, der zwar bei 120 Minuten Laufzeit auch mal seine Längen hat, aber genau den richtigen Mix darstellt aus kleiner Szene-Produktion und doch professionellem Anspruch, der seinen Reiz hat durch die sehr sympathischen Hauptdarsteller, die man mit dem Ausdruck "authentisch" schon beinahe beleidigt, denn es existiert faktisch kaum ein Unterschied zwischen dem Plot und ihrem Alltagsleben als Mitglied der Punk- und Hardcore-Community.

Der Film hat eine ganz klare Unity-Message, er klagt künstlich herbeigeredete Unterschiede zwischen sich voneinander eigentlich nur in unwichtigen Nuancen unterscheidenden Jugendszenen an, und bisweilen wirkt er auch mal etwas bemüht sozialpädagogisch, aber das sagt sich leicht als europäischer Mittdreißiger, der nicht als 20-Jähriger in einer US-Provinzstadt wie der hier dargestellten leben muss.

Denn wir wissen es doch alle: Iropunks, Metalcoreler, Greaser, Straight Edger - all diese Subszenen weisen die Tendenz auf, sich eigene kleine Ghettos zu schaffen, statt gemeinsam Spaß zu haben.

Genau dafür aber ist dieser Film ein Appell, und man kann verdammt noch mal froh sein, dass das Zusammenleben hierzulande innerhalb der Szene meist doch ganz gut funktioniert. (09/10)