Billy Wilder ist vor allem als Komödien-Regisseur bekannt, drehte aber gerade zu Beginn seiner Karriere auch ernsthaftere Filme. Und auch sein „Das Privatleben des Sherlock Holmes“ – eine frech-ironische Demystifizierung dieser bekannten Figur der Trivialkultur –, der jetzt in ordentlicher Qualität auf Blu-ray erschien, besitzt seine düsteren Seiten.
Vor allem hinsichtlich des zerrütteten Seelenlebens des berühmten Londoner Privatdetektivs. Dieser zu Drogenkonsum neigende Melancholiker wirkt häufig so lebensecht, dass man ihn fast für eine real existierende historische Persönlichkeit halten könnte.
Auf diesen Umstand verweist der Film direkt in der ersten Szene, als 50 Jahre nach dem Tode von Dr. Watson, Holmes treuem Gefährten, in dessen Nachlass ein von ihm verfasstes Manuskript mit unbekannten Details aus Holmes’ Leben auftaucht, und die so auch nicht in den Geschichten von Sir Arthur Conan Doyle auftauchen, dem eigentlichen Holmes-Schöpfer.
Zuerst werden Holmes und Watson hier mit einer berühmten Primaballerina konfrontiert, die mit dem genialen Privatdetektiv ein ebenso geniales Kind zeugen möchte. In der zweiten, in Schottland spielenden Episode treffen sie dann auf das Ungeheuer von Loch Ness, womit Wilder gleich noch einen weiteren Mythos auf amüsante Art entzaubert.
Eigentlich sollte „Das Privatleben des Sherlock Holmes“ Wilders aufwendigster und auch persönlichster Film werden, doch von der ursprünglichen, über dreistündigen Rohfassung blieben zum Schluss nur gut zwei Stunden übrig.
Der Großteil des entfernten Filmmaterials scheint verschollen zu sein, dafür gibt es auf der Blu-ray eine 50-minütige Rekonstruktion davon, mit Hilfe von Drehbuchauszügen, Produktionsfotos und Bild- und Tonaufnahmen.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #136 Februar/März 2018 und Thomas Kerpen