Träume. Wir alle haben sie, manche vergessen sie gleich wieder, andere merken sie sich. Ich poste sie gelegentlich auf Facebook, Diego Castro macht sich morgens Notizen. Und zwanzig davon hat der in Berlin lebende Maler und Musiker für dieses Buch nun zu Storys verarbeitet. Wer selbst viel träumt, weiß, dass das Unterbewusstsein zuweilen Szenarien kreiert, auf die du im Wachzustand niemals kommen würdest. Castro schafft es hier, die Dynamik seiner teils wirklich irren Träume lebhaft zu skizzieren. Da geht er schon einmal in Berlin aus dem Haus und wandelt plötzlich in Prag auf Kafkas Spuren. Während er in einem Moment noch Ranger in den Rocky Mountains ist, sitzt er im nächsten in einem Ostberliner Stadtteil im Jobcenter und im übernächsten vor Gericht. Nacktheit ist immer wieder Thema, sein Geschlechtsteil, das von Elektronik umgeben, Holz geworden oder schlumpfblau gefärbt ist. Er ist Prinz in Bayern und schweißt seinen Bruder in Folie ein. Der Psychoanalytiker, der sich mit all dem beschäftigt, möchte ich nicht sein, aber die Lektüre dieses Buchs hat mir durchaus Spaß bereitet.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #159 Dezember 2021 /Januar 2022 2021 und H.C. Roth