DAS ALTE GEWEHR

Der Umgang Westdeutschlands mit den Verbrechen des Dritten Reiches ist nicht immer ideal gewesen. Das gilt auch für den Kulturbetrieb, wo die Vergangenheitsbewältigung oft darauf hinauslief, in ausländischen Filmen Verweise auf die Nazi-Zeit zu zensieren, um das westdeutsche Publikum dadurch nicht unnötig zu verstören.

Davon betroffen war auch „Das alte Gewehr“ oder „Abschied in der Nacht“ („Le Vieux Fusil“) von Robert Enrico, der gekürzt und mit Alternativ-Szenen versehen wurde, um ihn zu entschärfen. Darüber hinaus bemühte sich die deutsche Synchronisation um einen verharmlosenden Ton, der stark vom Original abwich.

Als Basis für Enricos Film diente eines der größten Kriegsverbrechen des Zweiten Weltkriegs, bei dem die Waffen-SS 1944 fast die gesamte Bevölkerung eines französischen Dorfes ermordete, aus Vergeltung wegen Aktivitäten der Résistance.

Auch in „Das alte Gewehr“ wird ein französisches Dorf von der SS dem Erdboden gleichgemacht. Dort hatte der Chirurg Julien Dandieu (Philippe Noiret) eigentlich Frau (Romy Schneider) und Tochter vor den deutschen Besatzern in Sicherheit bringen wollen, und findet diese bei einem spontanen Wochenendbesuch brutal ermordet vor, ebenso wie die anderen Bewohner des Dorfes, wodurch der Pazifist und Humanist zum gnadenlosen Rächer mutiert.

Enrico hatte dabei offenbar eine etwas poetischere, wenn auch nicht minder blutrünstige Version der zuvor entstandenen Rache-Thriller „Ein Mann sieht rot“ und „Wer Gewalt sät“ im Sinn gehabt, die aber auch der Liebesgeschichte zwischen Noiret und Schneider viel Platz einräumt.

Ungeschnitten gab es den Film bereits zuvor auf DVD, allerdings enthält die Neuauflage auf DVD und Blu-ray zum ersten Mal die unverfälschte DDR-Synchronisation, die allerdings die deutlich schlechteren Sprecher besitzt.