CRIME INSIDERS

Irgendwie hatte es mir schon Frédéric Schoendoerffers zweiter Film AGENTS SECRETS angetan, ein um Realismus bemühter moderner Agentenfilm, der in der Kritik aber erstaunlich schlecht wegkam. Und auch bei Schoendoerffers neuestem Werk TRUANDS, was übersetzt eigentlich nur so viel wie "Ganoven" heißt, steht Realismus an erster Stelle, auch wenn sich viele dabei fragten, wo denn jetzt die Story und die Charaktere seien.

Und so simpel, wie der französische Titel lautet, ist auch Schoendoerffers kompletter Film strukturiert, der einem im Prinzip nur den brutalen Machtkampf einiger Pariser Gangster zeigt, bei denen sich alles um Drogen, Alkohol, Geld und osteuropäische Prostituierte dreht, und die noch nicht einmal untereinander einen gewissen Ehrenkodex besitzen, der verhindert, dass sie sich gegenseitig zerfleischen.

Das hat man alles schon mal gesehen, womöglich auch mit mehr Tiefgang und weniger klischeehaft, aber dennoch ist Schoendoerffer hier ein ungemein kraftvoller und realistischer Film gelungen, und sei es nur wegen seiner ungeschönten Brutalität, die teilweise schon etwas verstörend Menschenverachtendes an sich hat.

Identifikationsangebote gibt es eigentlich nicht, höchstens in Gestalt von Béatrice Dalle, die die Geliebte des Gangsterbosses Claude Corti spielt, der schließlich von seinen eigenen Leuten geopfert wird, und am ehesten noch so etwas wie ein Gewissen besitzt.

Ansonsten sind hier nur stumpfe Macho-Charaktere unterwegs, die ihre Frauen mies behandeln und auch ansonsten wenig Skrupel besitzen, ihre Umwelt zu terrorisieren. Im Gegensatz zu vielen amerikanischen Filmen verzichtet Schoendoerffer dabei dankenswerterweise auf jede überflüssige Glorifizierung des Gangsterlebens nach dem Motto "Sind ja auch alles nur Menschen!", und zeigt lieber die gewalttätigen Mechanismen eines kriminellen Milieus, mit dem man wirklich nichts zu tun haben will.

Eine Moral gibt es nicht, und wenn, dann lautet die, dass sich Verbrechen nicht auszahlt, zumindest nicht genug, um die damit verbundenen Folgen auf sich zu nehmen. Schoendoerffer gelingt mit seinem stilvollen, modernen und abgründigen Gangsterfilm vielleicht sogar das, was Michael Mann mit MIAMI VICE nicht geglückt war, dessen kühle Bildästhetik hier Pate stand - und bei dem Feuergefecht auf einem Parkplatz wird dann sogar ganz offensichtlich HEAT zitiert.

Mit seinem Versuch, diesem Genre die richtige Form von Authentizität zu verpassen, läuft Schoendoerffer ähnlich wie bei AGENTS SECRETS erneut Gefahr, einen Großteil seines Publikums zu verprellen, das aufgrund des sperrigen semidokumentarischen Anstrichs von TRUANDS keinen handelsüblichen Unterhaltungsfilm geboten bekommt.