Ein Buch über Handarbeit im Ox? Ja, das gibt’s – und es hat durchaus seine Berechtigung, tauchen doch textile Techniken in verschiedensten Ausprägungen als Teil der D.I.Y.-Bewegung auf: Als mit Tattoos bestickte Puppen (wer’s direkt anschauen will: Suchbegriff „Sailor Feebee“), als mit ironisch-fiesen Sprüchen bestickte Häkeldeckchen, aber auch im engeren Kunstsinne als Bestandteil von Installationen und Mixed-Media-Erzeugnissen.
Erstaunlich, auf wie vielfältige Weise die Vorerwartung des Betrachters/Lesers (Handarbeit = spießig) dabei ad absurdum geführt wird. Von eben dieser Erwartung her nähert sich „Craftista!“ dem Gegenstand an und erklärt das Zustandekommen bestehender Vorbehalte mittels Erläuterung einiger historischer Grundtendenzen rund um das Handarbeitsschaffen.
Es folgen Aufsätze zur gegenwärtigen Situation von Handarbeit im Spannungsfeld Kunst, Aktivismus und Politik mit Verweisen auf einzelne konkrete Projekte und Strömungen. Der leicht schleppende Schachtelschreibstil einiger Theorieaufsätze erfordert die volle Konzentration des Lesers, der aber für sein Durchhaltevermögen mit interessanten, teilweise kuriosen Passagen belohnt wird: Wer hätte gedacht, dass „richtig gestrickte Wollsocken für die Kriegsführung unerlässlich“ waren...? Besonders lesenswert sind die zahlreichen Interviews, die dem Theoriegebäude mit Beispielen und weiterführenden Erläuterungen auch erst den nötigen Rückhalt geben.
Wer mehr über Stitch’n Bitch, Pussystübchen, Fag Fighters und Radikale Nähkränzchen wissen will oder aber einfach nur nach Anregung für Eigeninitiativen sucht, greift unbedingt zu „Craftista!“.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #100 Februar/März 2012 und Anke Kalau