Na, das wurde aber auch mal Zeit: alle alten Aufnahmen von ARTICLES OF FAITH auf zwei CDs. Die Band, die von Vic Bondi 1981 in Chicago gegründet wurde, war sowas wie die Keimzelle des politischen, engagierten Hardcore dort und hatte von Anfang an enge Kontakte nach Washington D.C., wo Bondis Eltern wohnten.
Die letzten Releases von AOF sind nun auch schon zehn Jahre alt, und selbst wer die beide auf Bitzcore erschienenen Rerelease-CDs „Core" und „Give Thanks" besitzt, sollte die AT-Releases beachten, denn auch wenn sich die Songs auf „Core" mit denen auf den „neuen" CDs überschneiden, so finden sich doch auf der Bitzcore-CD diverse nur dort erhältliche Aufnahmen, ganz zu schweigen vom „Give Thanks"-Album, dem letzten von AOF, das hier gar nicht berücksichtigt wurde.
AOF, das ist für mich eine der großartigsten Bands, welche die USA hervorgebracht haben. Es ist für mich Gitarrist, Texter, Sänger und Frontmann Vic Bondi, der später auch mit ALLOY und JONES VERY wunderbare Musik gemacht, dessen Stimme, Texte und Gitarrenspiel den Reiz ausmachen.
Hier wurde von Anfang an nicht in typischer US-Hardcore-Manier gebolzt und gekloppt, sondern stilistisch sehr „open-minded" experimentiert und dadurch ein warmer, treibender, druckvoller Sound geschaffen, der bei den späteren Platten dann auch noch den letzten Schliff in Form der Produzentenkünste Bob Moulds erhielt.
Auf diesen beiden CDs nun finden sich 18 bzw. 20 Songs, wobei auf Vol. 1 die Platten „What We Want Is Free" sowie „Give Thanks" enthalten sind (plus Demo-Sessions plus ein unveröffentlichter Live-Song) und auf Vol.
2 „Wait" und „In This Life" - das großartige Album auf Lone Wolf Records von 1986, das hier erstmals (wenn ich mich nicht irre) überhaupt wieder zu haben ist. Auf diesem Album findet sich der absolute AOF-Übersong „Remain in memory", der für mich einer der besten Punk-Songs aller Zeiten ist.
Unfassbar gut, das, und ich war ehrlich ergriffen, als AOF den bei ihrer Europa-Tour Anfang der Neunziger tatsächlich live spielten. AOF, das wird mir beim Durchhören erneut klar (und Vic Bondi schreibt das auch in seinen Linernotes), waren eine der Pionierbands in Sachen Emo, denn was in den späten Achtzigern und Neunzigern dann soundmäßig gemacht wurde und bis heute gemacht wurde, baut eindeutig auf dem Sound hier auf - wohl auch deshalb klingen AOF so erstaunlich frisch und kein Stück antiquiert.
Je ein neues Stück ist übrigens auch enthalten: für seine Tochter hat Vic „What we want is free" und „In this life" im Sommer 2002 zuhause im Keller in einer Akustik-Version solo neu eingespielt.
Apropos solo: das Solo-Album von Bondi auf Bitzcore sei jedem nur empfohlen. Beide CDs kommen mit Linernotes von Bondi, Fotos und Texten. Absolut essentiell. 10/10 (54:06/49:08)
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #93 Dezember 2010/Januar 2011 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #49 Dezember 2002/Januar/Februar 2003 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #93 Dezember 2010/Januar 2011 und Joachim Hiller