M. Wallace Wolodarskys Spielfilmdebüt „Cold Blooded“ sah ich das erste Mal 1995 auf dem Fantasy Filmfest und war von seinem simplen Charme offenbar so angetan, dass der Film bis heute bei mir nie in Vergessenheit geraten ist. Ein Jahr zuvor war Tarantinos „Pulp Fiction“ erschienen und seitdem galt irgendwie alles mit Profi- und Amateurkillern oder Gangstern, das Genre-untypisch die Erwartungshaltung des Publikums unterlief, plötzlich als tarantinoesk. Heutzutage wirkt Wolodarskys Film eher wie eine makabere Romcom mit überraschenden Gewaltspitzen. Die bisherige „ab 16“-Version auf DVD und VHS war immer stark geschnitten, inzwischen wurde „Cold Blooded“ von der FSK neu geprüft und ist mit dieser Freigabe komplett ungekürzt. Ob für die qualitativ sehr gute Neuveröffentlichung ein limitiertes Mediabook (mit DVD und Blu-ray) nötig gewesen wäre, ist mal wieder fraglich, zumal es auch kein Bonusmaterial gibt. Nach „Cold Blooded“ hat Wolodarsky zwar nichts wirklich interessantes mehr zustande gebracht, war aber als Darsteller an einigen Filmen von Wes Anderson beteiligt. Bemerkenswert war zur Entstehungszeit des Films die Wahl des Hauptdarstellers, denn bei Jason Priestley handelte es sich um einen aufstrebenden Jungdarsteller, dank seiner Rolle als selbstloser und moralisch gefestigter Brandon Walsh in der Fernsehserie „Beverly Hills, 90210“. Seine lakonische Rolle in „Cold Blooded“ als unfreiwillig vom Buchmacher zum Auftragskiller beförderten Cosmo Reif stellte wohl den Versuch dar, sich von seinem Serienimage zu befreien. Und so liegt der Unterhaltungswert von „Cold Blooded“ – neben Gastauftritten von Robert Loggia und Michael J. Fox – vor allem darin, wie Priestley hier mit einer Mischung aus Naivität und Weltfremdheit sehr effektiv seinem blutigen Job nachgeht, bis ihn eine aparte Yogalehrerin wieder auf den rechten Weg bringt.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #163 August/September 2022 und Thomas Kerpen