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CODEINE

Frigid Stars / Barely Real / The White Birch

In Ox #7 von Anfang 1991 schrieb Ox-Kollege Thomas Hähnel zur „Pickup Song“-7“ von CODEINE auf Glitterhouse: „CODEINE aus New York machen einen langsamen und schweren Sound, sind dabei aber stets um Melodie bemüht. Mir ist das Ganze ein bißchen zu träge und abwechslungsarm.“ Und eine Ausgabe später hieß es zum Debüt „Frigid Stars“: „CODEINE sind pure Melancholie und an popmusikalischer Langsamkeit kaum zu überbieten. Eine Platte wie ein grauer Regentag. Kam man sich für eine gewisse Zeit recht gut anhören, aber die ganze Scheibe an einem Stück klingt dann doch etwas langatmig.“ Zu behaupten, wir hätten schon früh die Genialität der Erfinder des „Slowcore“ erkannt, wäre also gelogen. Gegründet worden war die Band 1989 von Stephen Immerwahr (voc, bs), Chris Brokaw (dr) und John Engle (gt), ihr Debütalbum kam im August 1990 zuerst beim deutschen Sub Pop-Lizenzpartner Glitterhouse und dann erst dort in den USA. Im November 1992 erschien statt eines Nachfolgeralbums wegen missglückter Studiosessions als Quasi-EP „Barely Real“, auch hier folgte der US-Release erst später. Mit dem Folgerelease, dem zweiten und letzten Album „The White Birch“, waren CODEINE dann „richtig“ auf Sub Pop, die Platte erschien am 4. April 1994 – und kurz darauf waren CODEINE Geschichte. Ich kann mich nicht erinnern, seinerzeit jemals die Begriffe Slowcore und Sadcore verwendet zu haben, das war lang vor dem Internet und was die US-Presse schrieb, fand im Zweifelsfall nie den Weg nach Europa. Mit etwas Recherche findet man Hinweise, dass der Terminus erst nach dem Ende von CODEINE geprägt wurde – eine ähnliche Geschichte wie bei Emo. Rückblickend gefallen mir alle drei Platten, besonders aber das Debüt, ausgesprochen gut, was damit zu tun haben mag, dass man damals, in jungen Jahren, stilistisch etwas limitierter war und eben laute, harte Musik hören wollte – die es von CODEINE als so was wie einer leisen, zarten Doom-Version von DINOSAUR JR. eben nicht gab. Sub Pop hat die drei Platten nun passend zu ein paar CODEINE-Europashows im Sommer 2023 neu aufgelegt, in sehr schöner, hochwertiger Aufmachung. Zuletzt hatte es 2012 Repressings gegeben, als CODEINE ein paar Konzerte spielten. 2022 war noch „Dessau“ erschienen, kein neues Album zwar, sondern Aufnahmen von 1992, aber es war der Auftakt zu einer NYC-Show im Februar 2023 und nun eben den 2023er Aktivitäten.