Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich die späten, angeblich wesentlich experimentelleren BLACK FLAG-Alben gar nicht kenne, aber da war Chuck Dukowski eh schon nicht mehr dabei, und auch um mein Wissen um die Solokarriere des Herrn ist es eher mager beschert.
Nichtsdestotrotz hat dieses Werk mehr mit Experimenten zu tun, als mit einer neuen "alten" Version von Altherren-Hardcore, besonders mit Hardcore hat das hier kaum etwas zu tun. Die Musik bewegt sich im Bereich von Progrock und Free-Jazz, wobei fast alles von Lora Nortons Gesang bestimmt wird, die sich einmal die Seele aus dem Leib schreit, einmal sehr nach heißerer Bar-Jazz-Manier haucht, Dukowski hält sich am Bass - auch im Vergleich zum abgedrehten Saxophon - sehr zurück.
Gerade das aggressive "Venus in furs"-Cover klingt großartig, und nicht nur bei diesem Song ist Lora näher an Kathleen Hanna als an Nico. Dass es CD6 nicht nur um schräge Musik geht, beweist der Innentext: Zwischen knallbunten, aber gruseligen psychedelischen Malereien finden sich zahlreiche Appelle gegen das Militär, für Frieden und Humanität und dafür, (politische) Verantwortung nicht anderen zu überlassen, dazu die simple Aussage "Punk rock is dead".
Dieses Album hat jedoch in seiner affirmativen politischen Haltung wesentlich mehr mit Punk zu tun als viele, die sich Punkrock auf die Fahne schreiben ... Das einzige, was ich nicht verstehe: Warum nennen sich vier Leute Sextett? Auch wenn man die Gastmusiker (darunter auch Flea) dazu nimmt, geht das nicht auf ...
(35:22) (8)
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #68 Oktober/November 2006 und Chris Wilpert