CHRONIK EINER VERSCHWUNDENEN STADT

Golo & Dibou

Ägypten – Götter, Gräber und Gelehrte, Fixstern meiner Kindheit. Als Kind blätterte ich eifrig in den „Was ist Was“-Bänden zu den alten Ägyptern und zu den Mumien, erklärte kurzerhand Hatschepsut und Kleopatra zu meinen Heldinnen und wünschte mir nichts sehnlicher, als die Pyramiden zu sehen.

Auch Dibou und Golo erliegen dem Charme Ägyptens und kehren 15 Jahre lang immer wieder nach Qurna zurück, ein Dorf das in Oberägypten lag. Ein Ergebnis ihres Aufenthalts ist der vorliegende Comicband „Chronik einer verschwundenen Stadt“.

Denn das Qurna, das die beiden kennenlernten, ein Dorf, in dem die Zeit still zu stehen schien, wurde von Baggern 2010 komplett abgerissen. Minutiös zeigen beide in „Chronik einer verschwundenen Stadt“ auf, wie der Massentourismus immer weiter in dieses Biotop eindringt und es schließlich zerstört.

Die Kritik: „Sie leben in der Illusion, Teil einer wohlhabenden Elite zu sein, die Zugang zu Kultur hat und selbst einer Hochkultur angehört, welche die Technik, den Raum, die Zeit beherrscht.

In Wahrheit sind sie Proletarier mitten bei der Arbeit. Sie arbeiten für die Tourismusbranche auf den untersten Posten ...“. Das sitzt. Auch die Altertümerverwaltung ist nicht unschuldig an den Entwicklungen, sowie der Staat, der diese Entwicklungen skrupellos unterstützt und über die Köpfe der Qurnavis entscheidet.

Doch das Buch porträtiert auch das alltägliche Leben in Ägypten, zeigt, wie unterschiedliche Kulturen aufeinanderprallen. Der Zeichenstil erinnert an Robert Crumb, doch ist der Band viel mehr eine Collage aus Zeichnungen, Fotos und Briefen.

Der Realitätsgehalt scheint authentifiziert. Das ist kein einfacher Comic, es ist ein Requiem auf eine verlorene Stadt.