CHINATOWN

Nur wenige Regisseure haben so ein geschlossenes, durchweg brillantes Frühwerk aufzuweisen wie Roman Polanski, und das gilt in besonderem Maße für CHINATOWN, ein Film, den der in Paris geborene Pole eigentlich gar nicht machen wollte, da er sich nach dem Mord an Sharon Tate komplett von Hollywood abgewendet hatte.

Dass er ihn dann doch gedreht hat, ist sicher ein Glücksfall, denn CHINATOWN gehört definitiv zu seinen besten Filmen, allerdings war Polanskis Karriere in Amerika danach endgültig vorbei, da er wegen der Vergewaltigung einer Minderjährigen fluchtartig das Land verlassen musste.

Basierend auf dem exzellenten Drehbuch von Robert Towne, der den Start seiner Karriere im Filmbusiness ähnlich wie Hauptdarsteller Jack Nicholson mal wieder Roger Corman zu verdanken hatte, gelingt Polanski hier einer der ersten und vielleicht besten Neo-Noir-Filme, der perfekt das Raymond Chandler-eske Feeling der 30er und 40er Jahre aufgreift, ebenso wie dessen Themen, also die saubere Fassade der Oberschicht von Los Angeles, hinter der dunkle Geheimnisse schlummern.

Nicholsons Figur J.J. Gittes ist vielleicht kein echter Phillip Marlowe, dafür ist er zu angepasst, geschäftstüchtig und unromantisch, aber ähnlich wie Chandlers Privatdetektiv versucht er im weiteren Verlauf des Films seine moralische Integrität zu bewahren und nicht die vorherrschende Macht zu hofieren, wodurch er allerdings auch nicht sein persönliches Scheitern verhindern kann und sogar dem düsteren Ende von CHINATOWN Vorschub leistet.

Faye Dunaway an seiner Seite verkörpert perfekt die Rolle der mysteriösen Femme Fatale, aber letztendlich täuscht dieser erste Eindruck von ihr, eine der vielen falschen Fährten, die Towne legt, in dessen Buch durch die Aufdeckung eines Wirtschaftsverbrechens letztendlich eine damit verknüpfte Familientragödie ans Tageslicht kommt.

Ein Klassiker des modernen Kinos, wunderbar gefilmt und mit einem großartigen Jerry Goldsmith-Score versehen, der über die Jahre wenig von seiner Magie verloren hat. Die Bezeichnung "Special Collector's Edition" für die neu aufgelegte DVD von Paramount ist allerdings etwas überzogen, die Bildqualität wurde zwar verbessert, beim deutschen Mono-Ton blieb es, glücklicherweise, denn es gibt bei solchen Klassikern wirklich nichts dümmeres als eine Neusynchronisation, um irgendwelchen Technik-Jüngern einen deutschen 5.1.-Ton liefern zu können.

Die müssen in diesem Fall einfach nur Englisch lernen, denn der Originalton besitzt dieses Tonformat. Dazu gibt es noch einige interessante kurze Dokumentationen und den Kinotrailer. Ein Film, der einfach in jede gute Sammlung gehört, und in dem Polanski noch eine kleine, aber eindrucksvolle Nebenrolle hat, da er Nicholson die Nase aufschlitzen darf: "You're a very nosy fellow, kitty cat.

Huh? You know what happens to nosy fellows? Huh? No? Wanna guess? Huh? No? Okay. They lose their noses."