„Du bist, was du ist“ geht ein schöner Sinnspruch, der sich hier in abgewandelter Form als „Du siehst, was du isst“ anbringen ließe: Tony Chu ist ein Bulle, der zu Beginn der Story aus seinem normalen Cop-Alltag gerissen wird, als sich herausstellt, dass er einer von weltweit drei Cibopathen ist – ein Mensch also, der wie sein Kollege Mason Savoy die Fähigkeit hat (was sich auch als Fluch herausstellt), bei allem, was er ist, wie einen Film vor sich zu sehen, wie das Lebensmittel erzeugt wurde, das er da gerade zerkaut.
Kein großes Problem bei Gemüse (Tony erträgt eigentlich nur Rote Bete), wo Chu genau vor sieht, wie dieses angebaut wurde, welche Pestizide verwendet wurden, doch Fleisch ruft entsprechend krassere Bilder hervor, Schlachthofsplatter pur – kein Wunder, dass er Fleisch meidet.
Von seinem Boss gezwungen, muss er allerdings in einen abgetrennten menschlichen Finger beißen, der sich in einem Burger fand, und so kommt er dem Tod eines Inspektors des Gesundheitsamtes auf die Spur, der in den Schmuggel von Hähnchenteilen verwickelt ist.
Hähnchenschmuggel? In den USA von CHEW herrschte eine Vogelgrippenpandemie und 23 Millionen Tote später ist Chicken-Prohibition angesagt ... Eine bekloppt-geniale Story, die sich John Layman als Autor und Rob Guillory da ausgedacht haben, in den USA ist „Chew“ bereits ein Hit, drei Bände sind schon erschienen, und der erste liegt nun in deutscher Version vor, die Übersetzung passt, und ich freue mich schon auf den nächsten Band.
CHEW erhebt keinen moralischen Zeigefinger, hier wird nicht Veganismus oder Vegetarismus promotet, es ist einfach eine wundervoll bekloppte Splatterstory vor dem Hintergrund von beinahe schon Popkultur gewordenen Lebensmittelskandalen.
Wohl bekomm’s.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #95 April/Mai 2011 und Thomas Kerpen