Was begnadete Comickünstler immer wieder dazu treibt, sich den Beschränkungen von Realfilmen zu unterwerfen, ist irgendwie ein Rätsel, denn der Visualisierung phantastischer Welten abseits von reinen Animationsfilmen sind enge Grenzen gesetzt, was sich durch die rasante Entwicklung im Bereich der Computertechnik allerdings inzwischen etwas geändert hat.
Als der 1951 in Belgrad geborene Enki Bilal 1989 sein Regiedebüt BUNKER PALACE HOTEL drehte (unter Mitwirkung von „Valerian und Veronique“-Texter Pierre Christin am Drehbuch), sah das allerdings ganz anders aus.
Bei Bilal gab es zwar immer Berührungspunkte mit dem Medium Film, so hatte er zuvor an Produktionen wie Michael Manns THE KEEP, DER NAME DER ROSE oder Alain Resnais’ LA VIE EST UN ROMAN mitgearbeitet, was aber nicht allzu viel mit seinen politisch motivierten Science Fiction-Comics zu tun hatte.
Hatte mir sein 2004 entstandener IMMORTAL, ein Mix aus Realfilm und Computeranimation, eigentlich recht gut gefallen, auch wenn Bilals Umsetzung seiner Science Fiction-Serie „Nikopol“ dennoch schwer zugänglich blieb, ist mir sein zweiter Film TYKHO MOON von 1996 eher mal als unangenehme Schlaftablette in Erinnerung geblieben.
Und auch BUNKER PALACE HOTEL ist nicht gerade eine rasante Action-Achterbahnfahrt, aber wer hätte das auch ernsthaft erwartet. Bilals Film ist eher eine politische Parabel intellektueller Natur, versehen mit einem skurrilen Sinn für Humor, wo es ihm aber durchaus gelingt, den Stil seiner Comics in die Realfilmbilder einfließen zu lassen.
Ähnlich wie in TYKHO MOON ist der Hintergrund für BUNKER PALACE HOTEL ein totalitärer Überwachungsstaat, der allerdings vor dem Zusammenbruch steht. Während die Revolution nicht mehr aufzuhalten ist, flüchtet die politische und gesellschaftliche Elite in einen unterirdischen Schutzraum, das Bunker Palace Hotel, wo das Personal aus defekten Androiden besteht.
Unter den Anwesenden befinden sich aber auch die Revolutionärin Clara (Carole Bouquet aus FOR YOUR EYES ONLY) und ein Verräter, wodurch BUNKER PALACE HOTEL schließlich in einer äußerst bizarren Auflösung gipfelt.
Bis dahin ist Bilals Film eine überwiegend dialoglastige und nachdenkliche Angelegenheit, wer also auf actionreiche Science Fiction steht, sollte besser die Finger davon lassen. Allerdings besitzt BUNKER PALACE HOTEL immer wieder sehr kuriose Einfälle und ein phantasievolles Setdesign, was ihn auf jeden Fall sehenswert macht und verhindert, dass es bei einer anstrengenden filmischen Denksportaufgabe bleibt.
Und auch durch die Anwesenheit von Schauspielerikone Jean-Louis Trintignant und Maria Schneider (DER LETZTE TANGO IN PARIS) gewinnt der Film nicht unerheblich an Reiz. Die frisch erschienene deutsche DVD wartet nur mit einem Trailer auf, ist also eine spartanische Angelegenheit, präsentiert BUNKER PALACE HOTEL aber in guter Bildqualität, inklusive des französischen Originaltons.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #73 August/September 2007 und Thomas Kerpen
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #73 August/September 2007 und Thomas Kerpen