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BRIEFS

Platinum Rats

Die Nullerjahre hatten noch nicht begonnen, die Welt erwartete hoffnungsvoll die Y2K-Apokalypse, die dann doch nicht stattfinden sollte, da kamen in Seattle, einer Stadt, so langweilig, dass sie außer für Grunge bestenfalls für ihr schlechtes Wetter bekannt ist, vier junge Männer mit New-Wave-Kostümierung, schmalen Krawatten und Plastiksonnenbrillen zusammen.

BRIEFS nannte sich das Unternehmen, das für die Entwicklung des Punkrock eigentlich wenige neue Ansätze lieferte. Sie waren im Grunde eine – zumindest musikalisch gesehen – wertkonservative Band.

Mit diebischer Freude stahlen sie sich aus den besten Momenten der Siebziger-Punk-Ära zusammen, was ihnen in den Kram passte. Klangen sie zunächst wie ein Hybrid aus DEAD BOYS und DICKES, erweiterten sie allerdings stetig ihr Spektrum mit britischen Klängen.

BUZZCOCKS, UNDERTONES, sogar BOOMTOWN RATS waren als Ideengeber stets präsent, und die BRIEFS hauchten so dem transatlantischen 1977er-Revival neuen Atem ein. Ihr erstes Album, völlig zu Recht „Hit After Hit“ (2000) betitelt, bretterte dann mit ungestümer Wucht voran, Songs wie „Poor and weird“ und das unvergleichliche „Silver bullet“ sind nur zwei Highlights eines an starken Nummern nun wirklich nicht armen Albums.

Sieben Jahre lang bauten sie die Formel weiter aus, erspielten sich eine treue, beinahe fanatische Fanbase und sicherten sich mit drei weiteren Alben und einer Handvoll Singles den Thron der ungekrönten 77er-Könige.

Seit 2007 lag die Band auf Eis, im Herbst 2018 kam dann die Überraschung: eine Tour und eine 7“, das erste neue Werk nach 13 Jahren Funkstille. Und nun kommt zu allem Überfluss tatsächlich noch ein „echtes“ neues Album, das den guten Ruf der BRIEFS nach all den Jahren nur rechtfertigen kann.

In Europa erscheint es auf Damaged Goods, wo schon die Alben der CUTE LEPERS – der etwas unbeholfen benannten Powerpop-Band von Steve E. Nix und BRIEFS-Drummer Stevie Kicks – veröffentlicht wurden.

„Platinum Rats“ startet mit dem rotzigen Opener „Bad vibrations“ und zeigt die Herren Nix, Kicks und Co. in unverschämt guter Kondition und voller Spielfreude. Die Band sprüht nur so vor Energie und guten Ideen.

Natürlich darf man kein Hexenwerk erwarten, natürlich knüpft das „Rattenalbum“ direkt da an, wo die Band seinerzeit das sprichwörtliche Messer in der Sau hat stecken lassen. Doch wie eh und je sind hier vier gleichermaßen talentierte Songschreiber und Performer zugange, die sich auf ihre Kernkompetenz besinnen.

Und das sind kurze, knackige Pop-Punk-Nummern, die dem Wort „catchy“ eine neue Dimension verleihen. Dass sie dabei auch ihren stets wahrnehmbaren politischen Ansatz nie aufgeben, macht sie nach wie vor unentbehrlich.

Schön, dass die BRIEFS wieder da sind!