Foto

SC.U.M.

Born Too Soon ...

Bis 2001 war der Großraum um das kanadische Montreal in der „Communauté Urbaine de Montréal“ organisiert — abgekürzt: C.U.M. – und auch die Polizei verwendete das Kürzel. Man setze ein S davor (ohne Punkt, was die seltsame Schreibweise erklärt), und schon war die Bedeutung eine ganz andere und der ideale Bandname geboren. Damals in den Achtzigern liebte die Hardcore-Szene (siehe MDC, D.R.I., D.O.A. oder H.O.A ...) solche Abkürzungen. 1981 hatten sich SC.U.M. in Montreal gegründet, 1985 erschien ihr Debütalbum „Born Too Soon ...“ auf dem ebenfalls in Montreal ansässigen und in Vergessenheit geratenen, weil nur von 1984 bis 1987 aktiven Label Psyche Industry Records. Immerhin erschienen damals dort auch Platten der ASEXUALS und „Sex Mad“ von NOMEANSNO. Enthalten waren auf „Born Too Soon ...“ zwischen 1983 und 1985 entstandene Songs, darunter die damals abgefeierte Skatepunk-Hymne „Pool hunt“. Sehr schön, dass das rührige Rerelease-Label sehr auf die Ausstattung seiner Veröffentlichungen bedacht ist, denn das originale Textblatt liegt auch und es lohnt das Studium der Texte. „Home away from home“ war wohl einer der „Hits“ der Band und hätte damals auch von den DEAD KENNEDYS kommen können (und heute von ANTI-FLAG): eine Abrechnung mit der neokolonialen Politik der USA (und auch Kanadas), mit Bezugnahme auf den damaligen Babymilch-Skandal rund um Nestlé. „Bunker life“ wiederum ist ein lupenreiner Kalter-Krieg-Song, „Go to war“ passt 2023 auf die Menschen in Russland, die zum Kriegsdienst gezwungen werden, „Double cross“ ein Anti-Religionssong, wohingegen in „Pyramid mail blues“ die Polizeischikane gegenüber Punkbands beschrieben wird. SC.U.M. hatten damals einen schon recht ordentlichen Sound für eine DIY-Punkband, den Vergleich seitens des heutigen Labels mit dem Wumms der BAD BRAINS zur gleichen Zeit kann ich allerdings nicht so ganz nachvollziehen. SC.U.M. klingen für mich eher wie eine Mischung aus D.O.A., TOXIC REASONS und GANG GREEN – das hat Drive, das hat Schärfe, bewegt sich aber eher im Midtempo-Bereich mit einer gewissen Rock-Kante. Definitiv die (Nach-)Entdeckung wert. RosaVinyl.