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BIG | BRAVE

Nature Morte

„Vital“, das letzte Album der Kanadier:innen BIG | BRAVE von 2021, erschien noch wie ihre Platten zuvor bei Southern Lord. Inzwischen sind BIG | BRAVE offenbar bei Thrill Jockey untergekommen, wo auch schon ihre ungewöhnlich zahme folkloristische Zusammenarbeit mit THE BODY veröffentlicht wurde. Auf „Nature Morte“ zeigen BIG | BRAVE aber wieder die Zähne mit ihrer typischen reduzierten Form von Sludge-Doom-Drone-Metal, der sich durch das wuchtige, rhythmisch abgehackte Schlagzeugspiel von Tasy Hudson (die Nachfolgerin von Loel Campbell und Louis-Alexandre Beauregard) auszeichnet und die brutale, extrem verdichte Gitarrenlärmwand von Mathieu Bernard Ball und Robin Wattie. Aber wahrscheinlich wären BIG | BRAVE nicht BIG | BRAVE, gäbe es nicht noch als wesentliches charakteristisches Element Watties unter die Haut gehende, hochsportliche Mischung aus Gekreische und lieblicheren Tönen. Wie etwa bei SUNN O))) ist hier natürlich das Problem, dass es keine wirkliche songwriterische Abgrenzung zu anderen BIG | BRAVE-Platten gibt, die von ihrer rohen Intensität und Energie leben, die sich auf unberechenbare Art plötzlich explosiv entlädt. Mich begeistert die gleichermaßen zerstörerischere wie verbindende Energie von BIG | BRAVE und die rituelle Atmosphäre ihrer hypnotischen Musik immer wieder von neuem, auch wenn ich Menschen verstehen kann, die sich fragen, wo hier eigentlich die Hitsingle ist. Beim Titel der Platte handelt es sich übrigens um die französische Bezeichnung für Stillleben, also die Abbildung toter beziehungsweise regloser Gegenstände – tot und regungslos ist die Musik von BIG | BRAVE aber ganz sicher nicht.